Bandit bespricht: SONIC THE HEDGEHOG

SONIC THE HEDGEHOG – Bun­des­start 13.02.2020

Man könn­te es noch immer für einen Publi­ci­ty-Stunt hal­ten, als sechs Mona­te vor Film­start der Trai­ler mit einem völ­lig indis­ku­ta­bel com­pu­ter­ge­nerier­ten Sonic ver­öf­fent­licht wur­de. Der Live-Action-Ani­ma­ti­on-Mix des 1991 gebo­re­nen Com­pu­ter­spiels mit dem unver­kenn­ba­ren Cha­rak­ter bekam eini­ges an kos­ten­lo­ser Wer­bung. Nega­tiv, aber man kennt den alten Spruch. Regis­seur Jeff Fow­ler mach­te Ver­spre­chun­gen, Para­mount ver­schob den Start­ter­min, fer­tig war die zwei­te Wer­be­wel­le als der­sel­be Trai­ler über­ar­bei­tet mit einer optisch tat­säch­lich dem Spiel ent­spre­chen­den Figur erschien. Die Sega-Fana­ti­ker und Spie­le-Enthu­si­as­ten waren mit Sonic mehr als zufrie­den. Der­ar­ti­ge Lobes­hym­nen kann jeder Film gut gebrau­chen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Wer voll­kom­men unbe­darft und unvor­be­rei­tet in SONIC THE HEDGEHOG geht, der wird trotz einer lan­gen und kul­ti­gen Ver­gan­gen­heit kei­ne Schwie­rig­kei­ten mit dem blau­en Unge­stüm haben. Die Hand­lung ist dafür ein­fach gestrickt, was aller­dings erstaun­lich wenig ins Gewicht fällt. Hier steht der Unter­hal­tungs­fak­tor weit über dem Inhalt. SONIC ist für Spiel­fi­gu­ren, was RALPH REICHTS für Arka­de­spie­le wur­de. Das ist ein sehr hoher Anspruch, der sich aber erfüllt. Das liegt offen­sicht­lich auch dar­an, dass die Macher nicht ver­bis­sen ver­such­ten einen Block­bus­ter zu erschaf­fen, son­dern ein­fach den Feh­ler ver­mie­den haben, allein mit einem Titel die Sache aus­zu­schlach­ten. Man erin­nert sich viel­leicht an BATTLESHIP. Oder man erin­nert sich nicht, was genau am sinn­be­frei­ten Aus­schlach­ten lag.

Sonic, der Igel, kann sich mit Über­schall­ge­schwin­dig­keit bewe­gen, und sei­ne Fein­de zer­stö­ren, wenn er sich zu einer Kugel zusam­men rollt. Aber der Spiel­cha­rak­ter muss­te auf die Erde flie­hen, wo er sich unbe­merkt von den Men­schen in dem klei­nen Kaff Green Hills in Mon­ta­na sehr gut ein­ge­lebt hat. Einen ima­gi­nä­ren Freund hat er sich mit She­riff  Tom Wachow­ski aus­ge­sucht, den er ger­ne damit ärgert, des­sen Radar­pis­to­le bis auf ihr Maxi­mum aus­zu­rei­zen, ohne erkannt zu wer­den. Doch nicht am wirk­li­chen Leben teil­neh­men zu kön­nen zehrt an Sonic und als ihm des­we­gen ein­mal der Kra­gen platzt, wird das Mili­tär auf den blau­en Super­läu­fer auf­merk­sam. Mit dem durch­ge­knall­ten Dr. Robot­nik beginnt die Jagd auf den Igel. Von hier an ist Sonic auf die Hil­fe von She­riff Wachow­ski ange­wie­sen, dem er sich letzt­end­lich doch zu erken­nen geben muss.

SONIC THE HEDGEHOG ist schnell, grell und bunt. Regis­seur Fow­ler sowie die Autoren Patrick Casey und Josh Mil­ler sind rela­ti­ve Grün­schnä­bel im gro­ßen Geschäft der Film­in­dus­trie. Doch sie haben ihre Haus­auf­ga­ben gemacht, und die­ses rasan­te Aben­teu­er zu mehr gemacht, als man es im Vor­feld ver­mu­ten möch­te. Die Struk­tur der Erzäh­lung ähnelt ganz gewitzt den anstei­gen­den Leveln in einem Com­pu­ter­spiel. Ein kur­zer, infor­ma­ti­ver Blick ver­rät, dass eini­ge der im Film benutz­ten Waf­fen oder Hilfs­mit­tel durch­aus der Kon­so­le ent­lie­hen sind. Den­noch muss der Zuschau­er nicht selbst Hand anle­gen, son­dern kann ganz ent­spannt Pop­corn mamp­fend den Spaß genie­ßen. Und den Spaß­fak­tor muss man dem Film hoch anrech­nen, ohne pop­kul­tu­rel­le Anspie­lun­gen zu benö­ti­gen, oder das Unter­hal­tungs­le­vel zwei­glei­sig für jung und alt hal­ten zu müs­sen. Spaß hat die gan­ze Fami­lie, unge­trübt, glei­cher­ma­ßen.

 

Da eine auf­ge­dreh­te Figur wie Sonic schnell ein­mal die Ner­ven stra­pa­zie­ren könn­te, haben die Macher sich sehr geschickt und nicht auf­dring­lich eini­ge emo­tio­na­le Hand­lungs­punk­te ein­fal­len las­sen. Da wird der Igel durch­aus immer wie­der ein­mal ruhig und selbst­re­flek­tie­rend. Ohne dass es gleich die Trä­nen­drü­se bemüht, gewinnt THE HEDGEHOG damit durch­aus auch eine gewis­se Tie­fe. Natür­lich klopft der Film auch hier und da an der Kli­schee­tür und öff­net selbst. Aber da ist man selbst als erwach­se­ner Zuschau­er schon längst wie­der zum Kind gewor­den und begrüßt eher die­se klei­nen abseh­ba­ren Momen­te, als dass man sie abwer­tend hin­ter­fragt. Wie zum Bei­spiel das Schrei­ben einer Bucket List. Schließ­lich gibt es auch soviel Humor und wirk­lich ori­gi­nel­len Witz, der schnell von even­tu­ell emp­fun­de­nen insze­na­to­ri­schen Stol­per­stei­nen ablenkt. Da ist das Spiel mit der Radar­fal­le, oder die Sze­ne nach dem Betäu­bungs­schuss. Nicht zu ver­ges­sen die Knei­pen­schlä­ge­rei, die zu hun­dert Pro­zent von X‑MEN geklaut ist. Aber dafür ist der Spaß ein­fach viel zu groß, so dass es ein­fach egal ist. Schlaue Füch­se sehen es als Hom­mage.

Lei­der spielt Jim Carrey der Pro­duk­ti­on nicht gera­de in die Hän­de. Der Schau­spie­ler war mitt­ler­wei­le in erns­te­ren Rol­len wesent­lich bes­ser auf­ge­ho­ben, und zele­briert hier lei­der nur wie­der sein längst über­hol­tes Reper­toire an Gri­mas­sen und über­zo­ge­ner Kör­per­spra­che. Carrey kann anders, und das hät­te hier nuan­cier­ter sei­nem Cha­rak­ter Dr. Robot­nik und dem Film im all­ge­mei­nen bes­ser getan. Am Ende geht man den­noch zufrie­den und gut unter­hal­ten aus dem Kino. Als Gamer wird man wohl­wol­lend sein, als unbe­fleck­ter Ein­stei­ger lockt sofort das Inter­net für Ver­gleichs­mög­lich­kei­ten von Spiel zu Film. Hier dür­fen sich die Geis­ter ruhig schei­den. Viel­leicht, aber nur viel­leicht, hät­te SONIC THE HEDGEHOG bes­ser sein kön­nen. Doch man muss ihm zuge­ste­hen, dass er wesent­lich mehr zu bie­ten hat, als man im Vor­feld erhofft hat­te.

SONIC THE HEDGEHOG
Dar­stel­ler: Sonic: Ben Schwartz/​Julien Bam, James Mars­den, Jim Carrey, Lee Maj­doub, Adam Pal­ly, Neal McDo­nough u.a.
Regie: Jeff Fow­ler
Dreh­buch: Patrick Casey, Josh Mil­ler
Kame­ra: Ste­phen F. Win­don
Bidschnitt: Debra Neil-Fisher, Stacey Schroe­der
Musik: Jun­kie XL
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Sean Haworth
99 Minu­ten
Kana­da – Japan – USA 2020

Pro­mo­fo­tos Copy­right PARAMOUNT PICTURES

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