ATTACK THE BLOCK is a crackin’ motherf***er

Wenn Moses mit sei­ner losen zusam­men­ge­wür­fel­ten Gang die jun­ge Sam aus­raubt, wird gleich in den ers­ten Minu­ten klar, dass die­ser Film nicht beab­sich­tigt lus­tig zu sein. Kei­ne über­trie­be­nen Zoten, kein Feu­er­werk an skur­ri­len Kli­schee-Varia­tio­nen. Moses, Sam, und all die ande­ren woh­nen in einem von kal­ten Leucht­stoff­röh­ren durch­flu­te­ten Appar­te­ment-Kom­plex im Süden Lon­dons. Kein schö­nes Vier­tel, kein schö­nes Leben. Der Kom­plex mit Namen Wynd­ham Tower ist ein in sich geschlos­se­ner Stra­ßen­block. Ein Block, in dem Moses mit sei­nen Jungs den Ton angibt und weib­li­che Anwoh­ner wie Sam das Fürch­ten lehrt. Es sind ihre Stra­ßen rund um Wynd­ham Tower. Dar­an wer­den auch die Außer­ir­di­schen nichts ändern.

Ein Gen­re-Mix funk­tio­niert nur dann, wenn man die ent­spre­chen­den Gen­res auch beherrscht. Autor und Regis­seur Joe Cor­nish leb­te selbst in Süd-Lon­don. Mit von Gangs regier­ten Stra­ßen und Wohn­blocks vol­ler Sozi­al­hil­fe­emp­fän­gern kennt er sich also aus. Und nach ATTACK THE BLOCK kann man ihm auch beschei­ni­gen, das er sei­ne Haus­auf­ga­ben in Sachen Ali­en-Inva­si­on gemacht hat. Es ist kein lus­ti­ger Film, kei­ner, der in jeder zwei­ten Zei­le einen Rei­ßer bringt, son­dern sei­nen Ansatz ernst nimmt. Und genau das macht ATTACK THE BLOCK auch zu die­ser durch­weg unter­halt­sa­men Kurz­weil. Der eigent­li­che Spaß ergibt sich allein aus der wun­der­sam anmu­ten­den Mischung von Sozi­al-Dra­ma und Ali­en-Inva­si­on. Mit den Stil­mit­teln bei­der Gen­res zau­ber­te Cor­nish einen sehr gerad­li­ni­gen und aufs Wesent­li­che kon­zen­trier­ten Film. Hier ist die Atmo­sphä­re genau­so gelun­gen wie das schnör­kel­lo­se Tempo.

Auch wenn die Macher von SHAUN OF THE DEAD wer­be­wirk­sam als Zug­pfer­de ein­ge­setzt wer­den, will sich ATTACK THE BLOCK zu kei­ner Zeit auf die­ses Pferd set­zen. In sei­ner Gesamt­heit, und selbst in sei­nen zwei lang­sam inein­an­der flie­ßen­den Gen­res, über­rascht den Zuschau­er ein sehr eigen­stän­di­ger Film. Joe Cor­nish braucht kei­ne platt­ge­walz­ten Kli­schees oder Ver­satz­stü­cke, ihm gelingt tat­säch­lich, etwas Neu­es zu erzäh­len. Dabei sind beson­ders die Außer­ir­di­schen und der Grund ihrer Inva­si­on eine mehr als gelun­ge­ne Über­ra­schung. Mary und Mike Eliz­al­de haben Krea­tu­ren geschaf­fen, die man so noch nicht gese­hen hat. Da sind zum Bei­spiel ihre in der Dun­kel­heit dro­hend leuch­ten­den Augen, die sich … Aber das ist wirk­lich ein Effekt, an dem der Gen­re-Freund sei­ne hel­le Freu­de hat. Und soll­te es in der Sci­ence-Fic­tion schon ein­mal einen ähn­lich gela­ger­ten Grund für eine Inva­si­on gege­ben haben, dann ist es längst über­fäl­lig gewe­sen ihn noch ein­mal zu verwerten.

Der Film spielt nicht nur in Eng­land, son­dern macht den ört­li­chen Stra­ßen-Slang zu einem wich­ti­gen Bestand­teil der Geschich­te und sei­ner Atmo­sphä­re. Weit über die Haupt­rol­len von John Boy­e­ga und Jodie Whit­taker hin­aus, sind die Figu­ren alle­samt her­vor­ra­gend besetzt. Und selbst Nick Frost als bekann­te­rer Name wird auf ange­neh­me Art dem Ensem­ble unter­ge­ord­net. Die Prot­ago­nis­ten wer­den wun­der­bar ein­ge­fan­gen von Tom Tow­nends klar struk­tu­rier­ten Bil­dern. Ein Schelm wer Böses dabei denkt, dass Bild­auf­bau und –füh­rung stark an Jan de Bonts Arbeit in DIE HARD erin­nern. Dazu über­zeugt Tow­nend mit eher län­ge­ren Ein­stel­lun­gen, als sich zu dem Trend eines schnel­le­ren, unüber­sicht­li­che­ren Schnitts hin­rei­ßen zu las­sen. Und der kon­trast­reich, in sat­ten Far­ben prä­sen­tier­te Wynd­ham Tower weckt in der Tat immer wie­der Erin­ne­run­gen an Naka­to­mi-Pla­za. Letzt­end­lich kommt das aller­dings ATTACK THE BLOCK nur zugute.

Die­ser Film ist wirk­lich eine die­ser unschein­ba­ren Per­len, weil er in sich kom­plett stim­mig ist, in allen tech­ni­schen wie künst­le­ri­schen Berei­chen über­zeugt, und genau ver­steht, wann er sich sel­ber ernst genug neh­men muss. Doch am meis­ten Freu­de berei­tet er damit, sich allen aktu­el­len Trends zu ver­wei­gern und damit sei­ne fil­mi­sche Eigen­stän­dig­keit wei­ter aus­zu­bau­en. So ein Gen­re-Mix kann nur funk­tio­nie­ren, wenn man als Autor und Regis­seur sei­ne Haus­auf­ga­ben gemacht hat. Und dann darf selbst der erfah­rens­te Kino­gän­ger noch eine der­art ange­neh­me Über­ra­schung erle­ben, wie ATTACK THE BLOCK.

 

ATTACK THE BLOCK
Dar­stel­ler: John Boy­e­ga, Jodie Whit­taker, Alex Esmail, Franz Dra­meh, Lee­on Jones, Simon Howard, Luke Tre­a­da­way, Nick Frost, Jumayn Hun­ter, Dani­elle Vita­lis, Pai­ge Mea­de, Sam­my Wil­liams, Micha­el Ajao
Regie & Dreh­buch: Joe Cornish
Kame­ra: Tom Townend
Bild­schnitt: Jona­than Amos
Musik: Ste­ve Pri­ce, Felix Bux­ton, Simon Ratcliffe
Musik­aus­wahl: Nick Angel
Ali­en-Design: Mary Eliz­al­de, Mike Elizalde
Groß­bri­tan­ni­en 2011
zir­ka 87 Minuten

 

Pos­ter und Sze­nen­fo­tos Copy­right Cape­light Pictures

AutorIn: Bandit

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