ANOMALISA

Poster Anomalisa

ANOMALISA – Bun­des­start 21.01.2015

Die Fre­go­li-Illu­si­on ist eine meist schi­zo­phre­ne Stö­rung, bei der Men­schen glau­ben, alle ande­ren Men­schen um sie her­um wären ein und die sel­be Per­son, mit dem­sel­ben Aus­se­hen. Dar­un­ter lei­det auch Micha­el Stone, der wäh­rend einer Lese­rei­se im Fre­go­li-Hotel ein­checkt, in der Geschich­te, die von Fran­cis Fre­go­li geschrie­ben wur­de. In Wahr­heit steckt hin­ter dem Pseud­onym Fran­cis Fre­go­li der Autor Char­lie Kauf­man, der spä­tes­tens mit BEING JOHN MALKOVICH auch einem brei­te­ren Publi­kum bekannt gewor­den ist. Und der Name Char­lie Kauf­man lässt auch erah­nen, dass man auch auf eini­ge Über­ra­schun­gen bei ANOMALISA gefasst sein muss. Zum Bei­spiel, dass es der ers­te Ani­ma­ti­ons­film ab 18 Jah­ren ist, der eine Oscar-Nomi­nie­rung erhielt.

Micha­el Stone ist kein glück­li­cher Mann. Einer der mit her­ab hän­gen­den Schul­tern durchs Leben geht, der lie­ber Room-Ser­vice bestellt, und aus der Mini-Bar trinkt. Ein Mensch, der sei­ne Umwelt gar nicht mehr rich­tig wahr­nimmt. Doch dann geschieht etwas unge­wöhn­li­ches. Im Hotel-Flur hört er eine Stim­me, die sich von allen ande­ren unter­schei­det. Wie beses­sen stürmt Micha­el der Stim­me hin­ter­her, und trifft auf Lisa, deren Gesicht sich eben­falls von allen ande­ren unter­schei­det. In die­ser Nacht ver­spürt er end­lich wie­der ein­mal Lebensfreude.

ANOMALISA ist weni­ger Film, als ein wei­ter gespon­ne­nes Gesamt­kunst­werk. Geschrie­ben hat es Kauf­man als Hör­stück. Damals hat­ten schon David Thew­lis, Jen­ni­fer Jason Leigh und Tom Noo­n­an ihre Stim­men her­ge­ge­ben. Jetzt hat Kauf­man mit Unter­stüt­zung von Duke John­son die visu­el­le Ebe­ne hin­zu­ge­fügt. Aller­dings als Ani­ma­ti­ons­film, und das im Stop-Moti­on-Ver­fah­ren. Dadurch haben alle betei­lig­ten Figu­ren, außer Micha­el und Lisa, nicht nur die­sel­be Stim­me, son­dern auch die­sel­ben Gesich­ter. Der Zuschau­er bekommt eine Ahnung von Micha­els Zustand. Und selbst nach der schein­bar befrei­en­den Nacht im Hotel macht es der Autor sei­nem Cha­rak­ter nicht ein­fach. Char­lie Kauf­man prä­sen­tiert kein Kuschel­ki­no, er spielt mit den Erwar­tun­gen und Wahr­neh­mun­gen sei­nes Publikums.

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Die Pup­pen und die Set­tings sind sehr auf­wen­dig gestal­tet, als sol­ches impo­niert bei­des. Doch Stop-Moti­on hat­te schon immer den Cha­rak­ter von nicht ganz flüs­si­gen Bewe­gun­gen. Und auch in ANOMALISA wir­ken vie­le Bewe­gungs­pas­sa­gen etwas unge­lenk, mit einer Spur von schein­bar gewoll­ter Künst­lich­keit. Das muss man akzep­tie­ren kön­nen, um rich­tig an die Cha­rak­te­re her­an­zu­kom­men. Zudem Kauf­man und John­son ihre Geschich­te sehr gemäch­lich insze­nie­ren, und sich sehr viel Zeit neh­men, mit einer Hand­lung, die ohne­hin auf das Not­wen­digs­te aus­ge­legt ist.

Lisa wird die Ano­ma­lie in Micha­els Leben. Wo wohl der Film­ti­tel her­kommt? Und trotz der lang­sa­men Insze­nie­run­gen, und sei­nen oft­mals nicht wirk­lich rea­lis­ti­schen Bewe­gungs­ab­läu­fen, ist ANOMALISA ein span­nen­der Film. Man darf ihn eben nicht als her­kömm­li­chen Film betrach­ten, son­dern immer das grund­sätz­li­che Kon­zept im Kopf behal­ten. Mehr als alle ande­ren Kopf­ge­bur­ten des Char­lie Kauf­man, ist die­se hier die Anspruchs­volls­te, weil sie nicht wirk­lich Film sein will, son­dern eine Herausforderung.

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ANOMALISA
Stimmen:
Micha­el Stone: David Thew­lis / Frank Röth
Lisa Hes­sel­man: Jen­ni­fer Jason Leigh / Caro­li­ne Ebner
Alle Ande­ren: Tom Noo­n­an / Chris­ti­an Weygand

Regie: Char­lie Kauf­man, Duke Johnson
Dreh­buch: Char­lie Kaufman
Kame­ra: Joe Passarelli
Bild­schnitt: Gar­ret Elkins
Musik: Car­ter Burwell
Pro­duk­ti­ons­de­sign: John Joy­ce, Huy Vu
90 Minuten
USA 2015
Pro­mo­fo­tos Copy­right Para­mount Pictures

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AutorIn: Bandit

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