ALLES STEHT KOPF – INSIDE OUT

Poster Alles steht Kopf

INSIDE OUT – Bun­des­start 01.10.2015

Es dürf­te lei­der nur weni­ge Leu­te gegen, die sich an Peter und Bob­by Far­rel­lys OSMOSIS JONES erin­nern wer­den. Eine emp­feh­lens­wer­te Ein­sicht in den mensch­li­chen Kör­per. Das wei­ße Blut­kör­per­chen Osmo­sis Jones muss das töd­li­che Virus Thrax im Kör­per aus­fin­dig, und den Gar­aus machen, bevor es sich zu sehr aus­brei­tet. Aber Thrax ist geris­sen, und Osmo­sis muss zum Bei­spiel mit Hil­fe der Nie­ren­stei­ne arbei­ten. Wenn dann nicht auch noch die Wie­der­wahl des Bür­ger­meis­ters in Gestalt des Gehirns anstün­de, wel­ches der Ein­fach­heit hal­ber lie­ber nur eine Grip­pe­ta­blet­te ein­nimmt. OSMOSIS JONES ist eine sehr ori­gi­nel­le, weil sehr gut durch­dach­te Unter­hal­tung. 14 Jah­re spä­ter geht Pix­ar eini­ge Schrit­te wei­ter, eben­so ori­gi­nell und durch­dacht. Natür­lich Pix­ar, die sich, trotz ihrer Ein­bin­dung ins Maus-Haus, die Repu­ta­ti­on bewahrt haben.

Riley ist elf Jah­re, als sie mit ihren Eltern vom mitt­le­ren Wes­ten nach San Fran­cis­co zieht. Eine gro­ße Ver­än­de­rung, mit der ihre Gefüh­le in der Schalt­zen­tra­le ihres Ober­stüb­chens eini­ges zu tun bekom­men. »Freu­de« hat alles eini­ger­ma­ßen im Griff, auch wenn »Wut« oder »Kum­mer« immer wie­der Hand ans Schalt­pult legen. Doch dann kommt es zur Kata­stro­phe, als »Freu­de« und »Kum­mer« aus Unacht­sam­keit ins Laby­rinth des Gedächt­nis­ses geschleu­dert wer­den. Und ein Kind, das nur von »Wut«, »Ekel« und »Angst« gesteu­ert wird, kann ein per­fek­tes Ver­hält­nis zu den Eltern schnell ins Wan­ken brin­gen.

Pete Doc­ter ist der genia­le Kopf, der zuletzt OBEN für Pix­ar mach­te. Und damit der Film­welt die ein­dring­lichs­te und außer­ge­wöhn­lichs­te Hand­lungs­se­quenz schenk­te, wenn er ein kom­plet­tes Leben zwei­er Cha­rak­te­re erzähl­te, ohne auch nur ein Wort an Dia­log zu ver­wen­den. Aber Doc­ter ersann auch die Geschich­te von WALL*E, der die Geschich­te mit unglaub­li­chen 20 Minu­ten ohne ein ein­zi­ges Wort beginnt, und dabei so viel erzählt. Nun ist ALLES STEHT KOPF viel gesprä­chi­ger, als die vor­an genann­ten Fil­me. Teil­wei­se sogar so geschwät­zig, wie gewöhn­li­che Kin­der-Ani­ma­tio­nen. Aber an was kein bis­he­ri­ger Ani­ma­ti­ons­film her­an­kommt, sind die unfass­ba­ren Details, und das unglaub­lich kom­ple­xe, aber funk­tio­nie­ren­de Geflecht von bebil­der­ten Gedan­ken­gän­gen. Wie funk­tio­niert ein Mensch, und was treibt ihn dazu, das zu tun, was er schließ­lich auch tun wird? Es ist ein Fami­li­en­film aus dem Hau­se Pix­ar, und den­noch gibt er dar­auf genau die rich­ti­gen Ant­wor­ten.

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Als Riley gebo­ren wird, blickt nur »Freu­de« in die Welt nach drau­ßen. Die Schalt­zen­tra­le ist klein und sehr über­sicht­lich. Spä­ter, wenn der ers­te Broc­co­li auf dem Spei­se­plan steht, kommt »Ekel« dazu. Und »Wut«, »Kum­mer« und »Angst« fol­gen. Mit den Jah­ren wird die Schalt­zen­tra­le auch aus­ge­feil­ter und kom­ple­xer. Broc­co­li wird dabei zu einem der vie­len Run­ning-Gags. Vie­le Run­ning-Gags? Das ist eben das beson­de­re an ALLES STEHT KOPF, der sich nie damit zufrie­den gibt, ein­fach nur die Hand­lung vor­an zu trei­ben. Was er letzt­end­lich auch tut, aber den­noch in jeder Sequenz dar­auf bedacht ist, sie logisch und ver­ständ­lich zu gestal­ten. In kei­nem Moment speist der Film sei­ne Zuschau­er mit einem »das ist eben so« ab. Es gibt auch kein uner­war­te­tes Über­ra­schungs­mo­ment, mit dem »Freu­de« und »Kum­mer« ihren Weg in die Schalt­zen­tra­le zurück fin­den. Wenn eine aus einem Lei­ter­wa­gen bestehen­de Rake­te den Hel­den zur Hil­fe eilt, dann wur­de die­ser Lei­ter­wa­gen schon lan­ge vor­her in der Hand­lung ein­ge­führt.

Aber auch das Löschen von unwich­tig gewor­de­nen Infor­ma­tio­nen, oder der Irr­weg in das Unter­be­wusst­sein, fol­gen der ratio­na­len Umset­zung des phan­tas­ti­schen Gedan­kens. Ein zu Hil­fe eilen­der ima­gi­nä­rer Freund aus der Kind­heit, der in den Jugend­jah­ren noch zu Ehren kommt. Der Ein­falls­reich­tum der Macher ist unbe­schreib­lich. Die­ser ima­gi­nä­re Freund Bing Bong trägt auch zu den emo­tio­nals­ten Momen­ten bei, aber nicht weil die Macher dies dar­auf­hin kon­stru­ier­ten, son­dern weil es har­mo­nisch und natür­lich aus der Hand­lung her­aus ent­steht. Was man all­ge­mein unter der gro­ßen Kunst des Erzäh­lens ver­steht. Zuge­ge­ben, natür­lich ist das Kon­zept ein erson­ne­nes Kon­strukt. Aber wie ALLES STEHT KOPF dies umsetz­te und prä­sen­tiert, ist erst­klas­si­ges Erzähl­ki­no. Har­mo­nisch, intel­li­gent, nach­voll­zieh­bar.

Um ALLES STEHT KOPF in sei­nem genia­len Umfang zu erfah­ren, muss man den Film auch gese­hen haben. Es gibt durch­aus Stre­cken, die ledig­lich den kind­li­chen Cha­rak­ter bedie­nen. Aber der Erwach­se­ne ist den­noch durch­weg gefor­dert. Die Schalt­zen­tra­le ist ein ste­tig wach­sen­des Kon­strukt. Die jun­ge Riley ist zu Beginn elf Jah­re alt. Wenn die Geschich­te erzählt ist, gibt es Bil­der einer wach­sen­den Struk­tur in Rileys Kon­troll­zen­trum. Und wer auf­passt, der sieht auch den in war­nen­den Far­ben gefass­ten Not­schal­ter beti­telt mit »Puber­tät«. Da haben die Macher sich bestimmt ein all­zu offen­sicht­li­ches Hin­ter­tür­chen auf­ge­hal­ten. Denn ALLES STEHT KOPF ist so geni­al und auch akri­bisch umge­setzt, das er förm­lich nach einer Fort­set­zung schreit. Genie­ßen wir die­sen Film. Alles was kom­men wird, hechelt grund­sätz­lich sei­nem Vor­gän­ger hin­ter­her. Und ALLES STEHT KOPF ist ein sehr impo­san­ter Vor­gän­ger.

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ALLES STEHT KOPF – INSIDE OUT
Stim­men:
Freu­de: Amy Poeh­ler /​ Nana Spier
Kum­mer: Phyl­lis Smith /​ Phi­li­ne Peters-Arnolds
Angst: Bill Hader /​ Olaf Schu­bert
Wut: Lewis Black /​ Hans-Joa­chim Heist
Ekel: Min­dy Kaling /​ Tanya Kaha­na
Riley: Kait­lyn Dias /​ Vivi­en Gil­bert
Mut­ter: Dia­ne Lane /​ Bet­ti­na Zim­mer­mann
Vater: Kyle MacLach­lan /​ Kai Wie­sin­ger

Regie: Pete Doc­ter, Ronal­do Del Car­men
Dreh­buch: Meg LeFauve, Josh Coo­ley, Pete Doc­ter
Bild­schnitt: Kevin Nol­ting
Musik: Micha­el Giac­chi­no
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Ralph Egg­le­s­ton
94 Minu­ten
USA 2015

Pro­mo­fo­tos Copy­right Walt Dis­ney Stu­di­os Moti­on Pic­tu­re

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