AETERNUM – Andrea Bottlinger

Im rea­len Leben ste­he ich den Kir­chen eher kri­tisch gegen­über (um es mal vor­sich­tig aus­zu­drü­cken), die Grün­de hier­für möch­te ich an die­ser Stel­le nicht aus­brei­ten, weil unpas­send – und weil ich über die­se schnell mal einen mas­si­ven Hals schie­be.

Frag­los ist der ver­mut­lich ältes­te Fan­ta­sy­ro­man der Welt, bekannt unter dem Namen BIBEL, wenn­gleich sti­lis­tisch ziem­lich uner­träg­lich, doch die Inspi­ra­ti­on für hau­fen­wei­se gelun­ge­ne Wer­ke aus dem Bereich Phan­tas­tik. Unge­zähl­te Bücher und Fil­me beschäf­ti­gen sich mit Engeln und noch viel mehr mit Teu­feln und Dämo­nen und deren Wir­ken auf der Erde und Ein­fluss auf die Sterb­li­chen.

Des­we­gen war ich erst ein­mal nicht son­der­lich enthu­si­as­tisch, als Knaur mir einen fet­ten Roman namens AETERNUM schick­te, und der Klap­pen­text was von Engeln und Dämo­nen ver­sprach. Immer­hin soll­te das Gan­ze in Ber­lin spie­len, statt irgend­wo in den USA und das Buch stamm­te von Andrea Bot­t­lin­ger – hier erin­ner­te ich mich dun­kel an einen gelun­ge­nen PERRY RHODAN ACTION-Roman. Das mach­te Hoff­nung.

Wie immer ist es schwie­rig, ein sol­ches Buch zu bespre­chen, ohne über­mä­ßig zu spoi­lern. Den­noch möch­te ich ver­su­chen, mit dem Inhalt zu nähern, ohne zu viel zu ver­ra­ten.

Klap­pen­text:

Ber­lin, Alex­an­der­platz: Ohne jeg­li­che Vor­war­nung stürzt der gro­ße Platz eines Tages ein – zurück bleibt ein rie­si­ger Kra­ter, der bis in die tiefs­ten Kata­kom­ben der Haupt­stadt reicht. Nicht nur die Stadt­obe­ren ste­hen vor einem Rät­sel – auch die seit lan­gem ver­fein­de­ten Par­tei­en der Dämo­nen und Engel kön­nen sich nicht erklä­ren, wer für den Ein­sturz ver­ant­wort­lich sein könn­te. Um das her­aus­zu­fin­den, wer­den die jun­ge Magie­rin Aman­da, die im Dienst eines Dämons steht, und der gefal­le­ne Engel Jul in die Kata­kom­ben geschickt. Dabei kom­men die bei­den sich nicht nur näher, sie ent­de­cken auch ein Geheim­nis, das die Exis­tenz unse­rer Welt bedroht …

Aman­da ist eine Magie­rin. Das weiß sie aber nicht, das ers­te Mal bricht die Magie aus ihr her­aus, als sie zusam­men mit ihrem Bru­der in das Haus eines rei­chen Geschäfts­man­nes ein­bricht. Sie wer­den erwischt und im Zuge ihrer Ver­tei­di­gung wehrt sie sich – eben mit Magie. Dumm nur, dass der ver­meint­li­che Geschäfts­mann tat­säch­lich ein Dämon ist, der sie in sei­ne Diens­te zwingt und ihren Bru­der dabei als Druck­mit­tel benutzt.
Jul ist ein Engel, dem für ein Ver­ge­hen die Flü­gel genom­men wur­den und der jetzt unter Sterb­li­chen lebt. Mehr schlecht als recht schlägt er sich durch und kommt bei der nerdi­gen Karin unter.
Eines Tages geht ein Beben durch Ber­lin und danach ist dort, wo bis­her der Alex­an­der­platz war, nur noch ein Kra­ter. Aman­da und Jul müs­sen sich zusam­men­rau­fen, als sie als Reprä­sen­tan­ten der bei­den Frak­tio­nen den Auf­trag erhal­ten, in das Loch her­ab zu stei­gen, um fest­zu­stel­len, was dort vor sich geht.

Das ist die Aus­gangs­si­tua­ti­on und man hät­te befürch­ten kön­nen, dass aus der Magie­rin/En­gel-Kon­stel­la­ti­on eine pein­li­che Pseu­do-Love-Sto­ry im Stil ande­rer Schmu­se­fan­ta­sy hät­te wer­den kön­nen (für die Knaur lei­der nicht sel­ten bekannt ist). Da kann ich die Leser glück­li­cher­wei­se beru­hi­gen, den Pfad hat Andrea Bot­t­lin­ger nicht ein­ge­schla­gen – und allein dafür bin ich schon sehr dank­bar.

Statt­des­sen wird ein Aben­teu­er vor dem Leser aus­ge­brei­tet, das sich deut­lich anders ent­wi­ckelt, als ich es erwar­tet hät­te. Übli­cher­wei­se spie­len die­se Geschich­ten um Ver­satz­stü­cke aus dem bibli­schen Fan­ta­sy­ro­man zwar mit die­sen Ver­satz­stü­cken, blei­ben aber »im Canon«. Bei AETERNUM ist das durch­aus anders und man darf davon aus­ge­hen, dass die beschrie­ben Hin­ter­grün­de Kir­chen­ho­no­ra­tio­ren so nicht gefal­len dürf­ten. Denn das mit Gott und Luzi­fer ist nicht ganz so, wie man dach­te, dass es sei und Gött­lich­keit wird in die­sem Roman nicht abge­schafft, aber doch deut­lich rela­ti­viert.

Auf eine ver­blüf­fen­de Art und Wei­se geht es zwar um Über­na­tür­li­ches (zumin­dest aus der Sicht der Men­schen), aber den­noch fühlt sich die Geschich­te merk­wür­dig rea­lis­tisch an, trotz der Engel, Erz­engel, Sera­phim und Dämo­nen und alten Göt­ter. Das Gan­ze hat einen phan­tas­ti­schen Über­bau, der zwar für Men­schen nicht ganz nach­voll­zieh­bar ist, der das Gött­li­che aller­dings in Ebe­nen her­ab zieht, die eben »nur« über­na­tür­lich sind. Gott ist (oder war) ein äußerst mäch­ti­ges Wesen, aber längst nicht das ers­te – und ver­mut­lich auch nicht das letz­te.

Die Her­an­ge­hens­wei­se der Autorin ans The­ma ist erfri­schen anders und schert sich wenig um die Kon­ven­tio­nen, wie Sto­ries zu funk­tio­nie­ren haben, die sich auf die Bibel beru­fen. Die Dämo­nen erschei­nen eher als skru­pel­lo­se Geschäfts­män­ner mit beson­de­ren Fähig­kei­ten, die ihre Zie­le rigo­ros ver­fol­gen; die Engel sind betriebs­blin­de Fana­ti­ker, die nur schwarz und weiß ken­nen, aber den­noch mei­nen, das ein­zig Wah­re zu tun.

Hin­zu kommt eine Art zu schrei­ben, die an Fern­seh­se­ri­en erin­nert, und ich mei­ne hier US- oder BBC-Fern­seh­se­ri­en, nicht den stink­lang­wei­li­gen und tot­ko­pier­ten Schnarch­kram, den man hier­zu­lan­de im Fern­se­hen gebo­ten bekommt. Der Erzähl­stil ist flott und visu­ell. Man muss sich aller­dings dar­über im Kla­ren sein, dass hier unter­hal­ten wer­den soll, nicht hoch­tra­bend phi­lo­so­phiert. Mir hat das gefal­len, wer ver­zwei­felt irgend­ei­nen nebu­lö­sen »Anspruch« sucht, der sucht bes­ser woan­ders wei­ter.

Alles in allem wäre das ein ziem­lich unter­halt­sa­mer Urban-Fan­ta­sy-Roman auf Basis christilcher Mytho­lo­gie, der sich vom übli­chen Phan­tas­tik-Durch­schnitt der deut­schen Publi­kums­ver­la­ge deut­lich abhebt. »Wäre« schrei­be ich des­halb, weil er lei­der ein wenig zu lang gera­ten ist, das stellt aber auch mei­nen ein­zi­gen ech­ten Kri­tik­punkt dar. Immer­hin 576 Sei­ten ist das Paper­back stark und das führt dazu, dass er sich stel­len­wei­se lei­der etwas zieht. Hun­dert Sei­ten Straf­fung hät­ten dem Werk mei­ner Ansicht nach sehr gut getan.

Noch ein Wort zum Cover: nor­ma­ler­wei­se ste­he ich nicht auf die­se abs­trak­ten Umschlag­il­lus mit einem Tri­bal-ähn­li­chen Motiv. In die­sem Fall mache ich eine Aus­nah­me, denn tat­säch­lich wäre jedes gegen­ständ­li­che Cover, oder ein mit Engeln oder gar den Prot­ago­nis­ten ver­mut­lich nur pein­lich gewor­den, also eine gute Wahl.

Trotz des Umfangs bleibt als Fazit, dass man mit AETERNUM einen äußerst unter­halt­sa­men Roman einer Autorin bekommt, die man unbe­dingt im Auge behal­ten soll­te. Man kann nur hof­fen, dass wei­ter­hin Ver­la­ge gewillt sind, ihr die Mög­lich­keit zu geben, Bücher abzu­lie­fern, deren Hand­lung auf den ers­ten Blick bekannt scheint und dann auf den zwei­ten Blick etwas ande­res beinhal­tet als erwar­tet – und damit über­ra­schen und den mit zahl­lo­sen Epi­go­nen über­schwemm­ten Leser erfreu­en.

Ich ver­ge­be vier von fünf Dämo­nen­tat­to­oes

Web­sei­te von Andrea Bot­t­lin­ger

AETERNUM
Andrea Bot­t­lin­ger
Mytho­lo­gi­sche Urban Fan­ta­sy
Paper­back
576 Sei­ten, 12,99 EUR
April 2013
ISBN-10: 3426511797
ISBN-13: 978–3426511794
Knaur

Kind­le:
10,99 EUR
ASIN: B00AAAFWU8

Cover­ab­bil­dung und Klap­pen­text Copy­right Knaur, Foto Andrea Bot­t­lin­ger Copy­right Andrea Bot­t­lin­ger

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