VOLL DAMPF – Fiktionale Steamgeschichten

Cover "Voll Dampf"

Als an mich die Bit­te her­an­ge­tra­gen wur­de, eine Sto­ry­samm­lung mit Steam­punk-Geschich­ten zu bespre­chen, muss­te ich nicht erst lan­ge über­le­gen. Natür­lich wür­de ich das tun. Zum einen, weil ich Kurz­ge­schich­ten mag, auch wenn die Publi­kums­ver­la­ge nicht müde wer­den, zu beto­nen, dass Antho­lo­gien sich hier­zu­lan­de nicht ver­kau­fen. Das mag viel­leicht beim Mas­sen­pu­bli­kum so sein, ich bin nach wie vor der Ansicht, dass das bei den Lesern im Bereich Phan­tas­tik anders ist. Aber die Kli­en­tel ist viel­leicht nicht groß genug, um für die »Big Play­er« inter­es­sant zu sein. Macht aber nichts, das Feld Kurz­ge­schich­ten­samm­lun­gen wird von den Klein­ver­la­gen pri­ma beackert. Es ist noch ein »zum ande­ren« offen: Selbst­ver­ständ­lich lese ich eine Antho­lo­gie aus deut­schen Lan­den, wenn es sich um Steam­punk handelt!

Klap­pen­text:

Der Dampf, der das Land beherrscht, der uns am Leben hält, die Rei­se, die uns antreibt.
Ob Ent­de­cker oder Detek­tiv, ob Indus­trie­ma­gnat oder Repor­ter, ob Sol­dat oder For­scher, ob mit Zep­pe­lin oder Eisen­bahn unter­wegs, ent­de­cke an ihrer Sei­te, dass auch in dei­nen Adern Dampf fließt!

Berei­se eine Welt vol­ler fik­tio­na­ler und damp­fen­der Abenteuer!

VOLL DAMPF ent­hält neun Geschich­ten von eben­so vie­len Autoren:

  • Vale­ri­us von Arbo­gast und sein fabel­haf­ter Kra­kun – Thors­ten Küper
  • Schwarz­fall von Frank Hebben
  • Die spek­ta­ku­lä­re und hel­den­mü­ti­ge Ent­füh­rung der ori­gi­nal­ge­treu­en Loko­mo­ti­ve Emma – Mat­thi­as Falke
  • Mach mal Dampf – André Wiesler
  • Träum wei­ter – Peter Hohmann
  • Voll­dampf zu den Ster­nen – Mar­co Ansing
  • Ein Gott über den Wol­ken, Achim Zien
  • Blech­schick­sal – Jan-Tobi­as Kitzel
  • Natür­li­che Aus­le­se – Peer Bieber

Das Schö­ne an Antho­lo­gien ist ja, dass man in aller Regel einen breit­ban­di­gen Aus­schnitt aus einem The­ma bekommt. Das trifft ins­be­son­de­re auch auf VOLL DAMPF zu. Jede Geschich­te wohnt in einem eige­nen Uni­ver­sum, einem eige­nen Hin­ter­grund. Es ist fas­zi­nie­rend zu sehen, wie die Autoren die­se Hin­ter­grün­de in den doch eher kurz gehal­te­nen Sto­ries vor dem Leser aus­zu­brei­ten. Das funk­tio­niert vor­treff­lich und bis auf eine Aus­nah­me haben die Aus­flü­ge in dampf­ge­trie­be­ne Wel­ten aus­ge­spro­chen gut gefal­len. Auch ins­be­son­de­re für den Steam­punk-Neu­ling, der mal ers­ten Dampf schnup­pern möch­te, ist die­se Samm­lung gut geeig­net. Von manch einem Autor, den von ihnen erson­ne­nen Wel­ten und Prot­ago­nis­ten wür­de ich durch­aus noch mehr lesen wollen.
Ich möch­te die ein­zel­nen Geschich­ten gar nicht im Detail bespre­chen, weil das damit ein­her­ge­hen wür­de, Facet­ten des Inhalts zu Spoi­lern – und das wäre doch viel zu scha­de. Wür­de man mich befra­gen, ob ich Lieb­lings­sto­ries habe, müss­te ich einen Moment nach­den­ken. Glück­li­cher­wei­se habe ich das bereits vor dem Ver­fas­sen die­ser Rezen­si­on getan.

Thors­ten Küpers »Kra­kun« ist weit vor­ne in mei­ner Gunst, das liegt an der am kon­se­quen­tes­ten ver­wen­de­ten ana­chro­nis­ti­schen Spra­che, die sich kei­ne Aus­set­zer erlaubt, wie sie in ande­ren Geschich­ten vor­kom­men (das ist aller­dings bis auf eine Aus­nah­me Geme­cker auf rela­tiv hohem Niveau, ich hät­te mir bei der ein oder ande­ren aller­dings gewünscht, dass sie noch­mal dar­auf abge­klopft wor­den wäre, ob die Nomen­kla­tur zum The­ma passt). Jan-Tobi­as Kit­zels »Blech­schick­sal« über­rascht mit einer sehr schö­nen Auf­lö­sung für eine ver­meint­lich simp­le Detek­tiv­ge­schich­te und Peer Bie­bers »Natür­li­che Aus­le­se« macht trotz ihrer Kür­ze gleich ein gan­zes Uni­ver­sum vor dem Leser auf, eines, aus dem ich gern mehr lesen würde.

Habe ich Kri­tik­punk­te? Ja, habe ich, und zwar zwei.

Zum einen For­mat und Lay­out. Mir war das Buch zu groß. Eigent­lich hat­te ich um ein eBook zum Rezen­sie­ren gebe­ten, aber ein Print­buch bekom­men. Na gut, so sei es, aller­dings hät­te das For­mat etwas kom­pak­ter sein dür­fen, das geht eher in Rich­tung des über­flüs­si­gen, von den deut­schen Ver­la­gen so genann­ten, »Paperback«-Formats, als ein Taschen­buch zu sein. Wei­ter­hin war der inne­re Rand­ab­stand für mei­nen Geschmack zu klein. Ich mag es nicht, wenn man ein Buch zu sehr auf­zwin­gen muss, um es lesen zu können.
Zum Ande­ren die Geschich­te von Mat­thi­as Fal­ke, also »Die spek­ta­ku­lä­re und hel­den­mü­ti­ge Ent­füh­rung der ori­gi­nal­ge­treu­en Loko­mo­ti­ve Emma«. Das ist gleich die Zwei­te im Buch und ich kann ehr­lich gesagt nicht nach­voll­zie­hen, was dar­an Steam­punk sein soll. Kaum eines der übli­chen Ver­satz­stü­cke, die man erwar­ten wür­de, ist vor­han­den. Und sogar die vor­geb­li­che Loko­mo­ti­ve Emma ist eigent­lich gar kei­ne Loko­mo­ti­ve (oder ich hab das kom­plett miss­ver­stan­den). Die Prot­ago­nis­ten reden wie in einer SF-Sto­ry, die Hand­lung und das Set­ting sind wie bei einer SF-Sto­ry und die Loko­mo­ti­ve wirkt auf­ge­setzt, so als habe man sie noch mal eben ein­ge­baut, um einen Dampf-Bezug zu haben. Das Gan­ze las sich für mich wie eine Sci­ence Fic­tion-Geschich­te, die noch schnell auf ver­meint­li­chen Steam­punk umge­mo­delt wurde.
Man ver­ste­he mich nicht falsch: Steam­punk muss weder auf der bekann­ten oder ver­än­der­ten his­to­ri­schen Erde noch in der Ver­gan­gen­heit han­deln. Selbst­ver­ständ­lich sind auch völ­lig ande­re Umge­bun­gen und Vor­aus­set­zun­gen denk­bar. Nur: Soll­ten nicht gewis­se Ver­satz­stü­cke vor­han­den sein? Sei es nun die Spra­che, sei es die Ästhe­tik oder sei­en es gesell­schaft­li­che Nor­men? Bei »Emma« fehl­te mir alles, was auf Steam­punk hin­wei­sen könn­te, die vor­geb­li­che Dampf­lo­ko­mo­ti­ve fand ich auf­ge­setzt, und ich wür­de sie des­we­gen defi­ni­tiv nicht in die­ses Gen­re ein­ord­nen. Man möge mir das ver­ge­ben, sehe ich aber so. Ins­be­son­de­re durch den Kon­trast zu den rest­li­chen Geschich­ten, die alle­samt lupen­rei­ner Steam­punk sind, fällt der Aus­set­zer beson­ders auf (noch­mal deut­lich: Ich bemän­ge­le weder Stil noch hand­werk­li­che Umset­zung der Geschich­te, dar­an ist nichts aus­zu­set­zen. Steam­punk ist das aber in mei­nen Augen nicht).

Trotz­dem: Abge­se­hen von die­sem Aus­rei­ßer, den ande­re ganz anders sehen könn­ten, ist VOLL DAMPF für den Steam­punk-Freund abso­lut emp­feh­lens­wert und auch Neu­lin­ge kön­nen sich hier breit­ban­dig ins Gen­re ein­füh­ren las­sen. Erfreu­lich fin­de ich sowohl die Prei­se von Print wie auch eBook-Fas­sung – 11,90 Euro und 3,99 Euro – hier wird nicht ver­sucht, den eBook-Preis künst­lich in die Höhe zu trei­ben. Vorbildlich!

Ich ver­ge­be vier von fünf Krakun.

VOLL DAMPF – Fik­tio­na­le Steamgeschichten
Steampunk-Anthologie
Her­aus­ge­ge­ben von Ingo Schul­ze und André Skora
(groß­for­ma­ti­ges) Taschen­buch und eBook, Juni 2014
Print­fas­sung: 21 x 14,2 x 1,6 cm
Print:
ISBN: 978–3944729152
Preis: 11,90 Euro
eBook:
ASIN: B00L9RL9F8
Preis: 3,99 Euro
Amrûn Ver­lag

Cover­ab­bil­dung Copy­right Amrûn Verlag

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AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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