SUFFRAGETTE – Taten statt Worte

Poster Suffragette

SUFFRAGETTE – Bun­des­start 04.02.2016

In Groß­bri­tan­ni­en steckt die Frau­en­be­we­gung 1912 noch immer in den Kin­der­schu­hen. Frau­en, die für das Wahl­recht pro­tes­tie­ren, wer­den nicht ernst genom­men und aus­ge­lacht. SUFFRAGETTE hat sich unter der Füh­rung von Sarah Gavron eines sehr schwie­ri­gen The­mas ange­nom­men. Denn die Geschich­te der bri­ti­schen Frau­en­recht­le­rin­nen hat kei­ne ein­fach zu erzäh­len­de Hand­lung. Gavron muss­te auf­pas­sen, nicht zu sen­ti­men­tal zu wer­den, aber den­noch Emo­tio­nen zu wah­ren. Zeit­gleich soll­te das Gesche­hen auch im rich­ti­gen Kon­text sei­ner Zeit erzählt wer­den, um die Glaub­wür­dig­keit nicht zu ver­lie­ren.

Im Jah­re 1912 ist Maud Watts 24 Jah­re alt, als sie zum ers­ten Mal mit Aktio­nen der Suf­fra­get­ten kon­fron­tiert wird. Deren Anfüh­re­rin Emmel­ine Pankhurst hat zur offe­nen Gewalt auf­ge­ru­fen, und ist danach unter­ge­taucht. Nun lacht die Män­ner­welt nicht mehr, son­dern hat ein kla­res Feind­bild. Selbst von ande­ren Frau­en wer­den die Kämp­fe­rin­nen fürs Wahl­recht geschmäht. Maud ist erst scho­ckiert, spä­ter fas­zi­niert. Wor­te haben längst aus­ge­dient, und Gewalt wirkt wie die ein­zig logi­sche Kon­se­quenz. Eigent­lich unge­wollt wird Mau­de in die Bewe­gung hin­ein­ge­zo­gen. Das hat unge­ahn­te Aus­wir­kun­gen auf ihr Fami­li­en­le­ben und das sozia­le Umfeld. Mau­de Watts Schick­sal wird zu einem Para­do­xon. Sie muss sich viel mehr für die Suf­fra­get­ten enga­gie­ren, um wie­der Nor­ma­li­tät erfah­ren zu dür­fen.

Zwei­fel­los hat die Pro­duk­ti­on ein aus­ge­zeich­ne­tes Zeit­ko­lo­rit geschaf­fenZwei­fel­los hat die Pro­duk­ti­on ein aus­ge­zeich­ne­tes Zeit­ko­lo­rit geschaf­fen. Nicht nur die per­fek­te Aus­stat­tung, oder die über­zeu­gen­den Kos­tü­me. Sarah Gavron kann auf­grund eines sehr fein­füh­li­gen Dreh­bu­ches von Abi Mor­gan auch sehr genau und dif­fe­ren­ziert die sozia­len Struk­tu­ren auf­zeich­nen. Obwohl gera­de mal ein­hun­dert Jah­re her, wirkt die­se Welt so fremd und unwirk­lich. Mau­de Watts ist auch kei­ne Hel­din im klas­si­schen Sin­ne, was die gro­ße Stär­ke des Films aus­macht. Ihr Weg ist ein schlei­chen­der Pro­zess, der sehr nuan­ciert und damit glaub­haft insze­niert ist. Doch dabei tref­fen zwei gegen­sätz­li­che Aspek­te für einen Film auf­ein­an­der. Zum einen lässt sich SUFFRAGETTE sehr viel Zeit, ist sehr aus­führ­lich, und muss sich immer wie­der den Vor­wurf von zähen, erzäh­le­ri­schen Län­gen gefal­len las­sen. Auf der ande­ren Sei­te bleibt für den Zuschau­er immer die ver­bin­den­de Bezie­hung zu den Figu­ren. Man beginnt die Zeit zu ver­ste­hen, und glaubt ein­fach an die Moti­va­tio­nen der Cha­rak­te­re, ob es Mau­de Watts unge­woll­te Wand­lung ist, oder Inspec­tor Steeds von den Frau­en­recht­le­rin­nen unbe­ein­druck­te stoi­sche Kalt­her­zig­keit. Brendan Glee­son ist fabel­haft, als ein Mann, der sei­nen Job macht, in einer Zeit, in wel­cher Frau­en eben tat­säch­lich noch nichts zu sagen hat­ten. Steed stellt auch kei­ne mora­li­schen Fra­gen, son­dern hat einen Auf­trag. Denn zwei­fel­los wur­den die Suf­fra­get­ten unter der Auf­for­de­rung von Emmel­ine Pankhurst kri­mi­nell.

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Man darf sich nicht wun­dern, wenn SUFFRAGETTE immer wie­der den Charme eines Films ver­sprüht, der nach Oscar-Nomi­nie­run­gen schreit. Das ist nicht nur dem The­ma geschul­det, son­dern vor allem, wie inten­siv Sarah Gavron sich auf das Spiel ihres per­fek­ten Ensem­bles ver­lässt. Allen vor­an natür­lich Carey Mul­ligan, die schein­bar in kei­ner Rol­le etwas falsch machen kann. Wenn man dem Film Län­gen und eine gewis­se Art von Behä­big­keit vor­wer­fen darf, sind das nicht die eigent­li­che Schwä­chen. Es gibt diver­se Ein­flüs­se der Frau­en­be­we­gung, die ent­schei­den­de Ein­schnit­te in Mau­de Watts’ Leben zu ver­ant­wor­ten haben. Und die­se dra­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen wer­den nicht auf­ge­löst. Natür­lich wären die­se bestimm­ten Punk­te als Trä­nen­drü­cke­rei ver­ur­teilt wor­den, aber für die Ent­wick­lung der wenn­gleich fik­ti­ven Figur Mau­de von ent­schei­den­der Bedeu­tung. Und letzt­end­lich ver­liert der Film in den letz­ten Sze­nen sei­nen Fokus, wo er unver­mit­telt aus der Fik­ti­on in die tat­säch­lich gesche­he­nen Ereig­nis­se springt. Damit hat das Dreh­buch spe­zi­ell dem glaub­wür­dig auf­ge­bau­ten Cha­rak­ter der Mau­de kei­nen Gefal­len getan.

Doch SUFFRAGETTE bleibt ein äußerst inten­si­ver FilmDoch SUFFRAGETTE bleibt ein äußerst inten­si­ver Film, der sei­nem Publi­kum die dra­ma­ti­schen Sta­tio­nen aus­ge­spro­chen gut näher brin­gen kann. Auch wenn Län­gen nicht weg­zu­dis­ku­tie­ren sind, hält er den­noch immer eine gewis­se Grund­span­nung, die den Zuschau­er bin­det. Schließ­lich ist es noch nicht ein­mal hun­dert Jah­re her, dass zum Bei­spiel in Deutsch­land das Wahl­recht für Frau­en beschlos­sen wur­de. Somit wird SUFFRAGETTEN aber auch zu einem Film, der dazu anregt, über die welt­wei­ten Frau­en­rech­te im Heu­te nach­zu­den­ken. Denn was die Frau­en­recht­le­rin­nen in Groß­bri­tan­ni­en 1928 geschafft haben, ist im Hier und Jetzt in vie­len Län­dern die­ser Welt noch nicht ein­mal einen Gedan­ken wert.

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SUFFRAGETTE
Dar­stel­ler: Carey Mul­ligan, Hele­na Bon­ham Car­ter, Nata­lie Press, Anne-Marie Duff, Brendan Glee­son, Ben Whis­haw u.a.
Regie: Sarah Gavron
Dreh­buch: Abi Mor­gan
Kame­ra: Edu­ard Grau
Bild­schnitt: Bar­ney Pil­ling
Musik: Alex­and­re Des­plat
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Ali­ce Nor­ming­ton
104 Minu­ten
Groß­bri­tan­ni­en 2015

Pro­mo­fo­tos Copy­right Con­cor­de Film­ver­leih

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