»Metaverse« ist eins der aktuellen Buzzwörter, die vielleicht noch nicht überall angekommen sein mögen (insbesondere nicht in Schland). Aber spätestens seit Facebook-Chef Zuckerberg das zur Chefsache erklärt und seinen Konzern deswegen sogar in Meta umbenannt hat, bekommt so manch eine mit, dass da was am Kochen ist.
Eine Beschreibung was dieses Metaverse eigentlich ist, stellt sich immer noch als komplex dar, manche nennen es zudem auch noch Web3, was das ganze nicht erleichtert.
Ganz kurz zusammengefasst handelt es sich um eine plattformübergreifende virtuelle Plattform, eine virtuelle Realität neben der Realität, in der eine Menge von dem möglich ist, was auch in der »realen« Welt möglich ist (ich setze das »real« in Anführungszeichen, denn anders als viele denken, ist eine virtuelle Realität genauso real wie der Rest der Welt).
Ich will hier auch gar nicht weiter ins Detail gehen, denn das tut Matthew Ball in seinem Werk über das Metaverse viel besser und ausführlicher, als ich das jemals könnte. Er reißt kurz die Herkunft des Wortes an (und das kommt nicht vom Autor Neal Stephenson, wie viele glauben, auch wenn der es in seinem Roman SNOW CRASH aus dem Jahr 1992 populär gemacht hat).
Er geht ausführlich auf zahllose Aspekte ein, wie das Metaverse entstehen könnte und erläutert auch auf nachvollziehbare Weise, dass es noch einige Zeit in der Zukunft liegt, aus Gründen der technischen Umsetzbarkeit, aber auch aus Gründen wie Dezentralisierung, der Interoperabilität, des Fehlens offener Standards und dass man dennoch als Nutzerin in der Lage sein werden muss, virtuelle Güter, Zahlungsmittel oder Avatare zwischen Sub-Welten unterschiedlicher Anbieter des Metaverse mitnehmen zu können. Neben den technischen Erwägungen kommen noch Betrachtungen zu ökonomischen Konsequenzen und Zahlungsmitteln hinzu (und warum althergebrachte Banken-Zahlungsmethoden mit ihren verrückten Laufzeiten ungeeignet sind). Auch Cryptowährungen oder NFTs bleiben nicht außen vor. Erfreulicherweise hat der Autor hier eine gesunde Skepsis, ohne die Blockchain-Technologie im Gesamten zu verteufeln, denn auch die entwickelt sich weiter und muss nicht zwingend Energieaufwände von Kleinstaaten haben.
Dazu kommen Blickwinkel darauf, warum Facebook vermutlich nicht die treibende Kraft im Metaverse sein wird, so wie Zuckerberg sich das wünscht, oder warum Apple und Google (und auch Amazon) mit ihren restriktiven Systemen und Plattformen eher Bremser als Beschleuniger sind und dass deren Plattformen geradezu zwingend aufgebrochen werden müssen (und zwar von ihnen selbst), wenn sie beim Metaverse mitspielen wollen.
Neben den Betrachtungen zum Metaverse bekommt man aber auch noch eine Menge Informationen, wie das Zusammenspiel (und die Konkurrenz) von GAFAM (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft) funktioniert, wie Spieleplattformen aufgebaut sind und warum Spieleentwickler ganz weit vorne sein werden.
Alles in allem bekommt die Leserin eine erfreulich unaufgeregte und objektive Betrachtung was das Metaverse ist, oder besser, wie es dazu kommen wird. Denn dass es dazu kommen wird, steht im Prinzip außer Frage, es sei denn, eine völlig unerwartete technische Disruption kommt dazwischen (was der Autor auch ganz offen anspricht).
Stellenweise wird es auch leicht technisch, aber das hält sich zumindest für Leserinnen in Grenzen, die bereits grundlegende Einblicke in Internet und Gaming haben, die sollten keine Probleme haben, dem folgen zu können. Erhalten aber einen äußerst spannenden Einblick in das, was im Bereich Online und IT gerade so abgeht, zumindest im Bezug zum Metaverse (das allerdings so ziemlich alle anderen Themen mindestens berührt).
Wer wissen möchte, was auf sie zukommt, der lege ich THE METAVERSE AND HOW IT WILL REVOLUTIONIZE EVERYTHING trotz des Clickbait-Titels als äußerst spannendes Sachbuch ans Herz, denn der Inhalt ist deutlich weniger reißerisch als der Titel vielleicht annehmen lässt. An manchen Stelle ist mir das alles ein wenig zu Kapitalisums-zentriert, allerdings ist es nahezu ausgeschlossen, dass das von einer einzigen Firma dominiert werden wird und es ist glaubwürdig, dass das Metaverse in ähnlicher Art wie das Internet aus offenen Standards und vermutlich auch Open Source entstehen wird. Anders ist die Interoperabilität gar nicht herzustellen – und es nutzt keinem Anbieter etwas, wenn seine Plattform isoliert da steht.
Ich würde vielleicht lieber die englische Ausgabe lesen, es graut mir vor dem, was Übersetzer°Innen mit vielleicht nur begrenzten technischen Kenntnissen daraus machen könnten …
THE METAVERSE AND HOW IT WILL REVOLUTIONIZE EVERYTHINGMatthew Ball
Sachbuch, IT, Internet
Taschenbuch:
ISBN: 978–1324092032
366 Seiten, ca. 18,99 EUR
eBook:
ASIN: B09KMWYHX8
ca. 13,99 EUR
Liveright (19. Juli 2022)
Coverabbildung Copyright Liveright