GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 3 – Deutschlandstart 03.05.2023
Wow, was für ein Ritt. Man mag es kaum glauben, dass es knapp zehn Jahre her ist, seit GUARDIANS OF THE GALAXY in die Kinos kam, damals unter dem Vorab-Gelästere der üblichen Verdächtigen, dass das mit der Musik (Oooga-chakka) und dem sprechenden Waschbären mal gar nicht geht und die einen gigantischen Flop prophezeihten.
Meine Güte, was waren die preisverdächtig ahnungslos … Meine Güte, was haben Marvel und Gunn es denen gezeigt …
Auf Teil drei mussten wir deutlich länger warten, als ursprünglich geplant war. Das lag zum einen an den Querelen mit Disney und um den Regisseur James Gunn und zum anderen natürlich an der Pandemie. Und da Gunn nach einem Ausflug zu DC Comics dort angeheuert wurde, um das DCEU auf Spur zu bringen, war im Prinzip schon klar, dass Teil drei der Trilogie den Abschluss der Abenteuer der Guardians darstellen würde, deswegen ist das kein Spoiler.
Aber wie das genau aussehen würde, das war nicht klar.
Ein zentraler Handlungsfokus von GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 3 sind Geschehnisse um die Herkunft von Rocket. Kinobesucherinnen die Trailer gesehen haben dürfte das bereits klar gewesen sein. Aber auch hier war eben nicht vorher abzusehen, wie und wo sich Gunn aus dem umfangreichen Marvel-Comic-Fundus bedienen würde und wie sie davon abweichen. Um sich auf dieses Thema zu konzentrieren ist die Bandbreite an Epik in der Geschichte auch was die zentralen Punkte angeht deutlich kleiner als in den ersten beiden, es geht weder um jemanden, der die Galaxis mit einem Infinity-Stein beherrschen möchte, noch geht es um ein Vater-Superwesen mit unlauteren Absichten.
Allerdings muss man sich keine Sorgen machen, dass nicht trotzdem Dinge von epischen Ausmaßen passieren, auch diesmal wird fast nebenbei ein Planet gesprengt und auch diesmal ist der Oberbösewicht wieder völlig drüber.
Und da komme ich auch schon zum ersten Kritikpunkt: Chukwudi Iwuji als Hoher Evolutionär konnte mich nicht überzeugen. Ja, er hat für die Rolle angemessen overacted, aber irgendwie fehlte ihm das Charisma und die darstellerische Tiefe, um den Charakter glaubwürdig – über verzogene Gesichter und Wutausbrüche hinaus – zu verkörpern. Leider wirkt er bisweilen mehr wie eine Witzfigur, denn wie ein irrer Despot und Experimentator. Ich bin sicher, dass andere Schauspieler aus der Rolle mehr hätten machen können. Zugeben muss man dabei natürlich, dass der Charakter streng genommen natürlich auch tatsächlich als armselige Witzfigur konzipiert wurde, aber für mich hat diese Erkenntnis angesichts des gelieferten Spiels nicht geholfen.
Ansonsten bekommt man, was man von einem GUARDIANS-Film erwartet: wahnwitzige Szenen und Szenerien und die üblichen zahllosen Sprüche, Gags und Oneliner, oft begründet in den Charakteren und deren respektlosem Zusammenspiel, wie wir es aus den beiden Vorgängern und weiteren MCU-Filmen gewohnt sind. Allein aus den Reaktionen der Kinobesucher konnte man ablesen, dass dieser Teil des Konzepts erneut super funktioniert.
Äußerst vorteilhaft ist zudem, dass VOL. 3 nicht Teil des aktuellen MCU-Überplots ist und sich weder um Kang The Conqueror noch um Multiversen kümmern muss, sondern sich einfach mal auf sein Kernthema und seine Charaktere konzentrieren kann, ohne die Zwänge eines übergeordneten Handlungsbogens. Das ist nach den letzten MCU-Filmen sehr angenehm und durchaus erfrischend zu nennen.
Andererseits wollte James Gunn offenbar möglichst viel in diesen letzten Teil hineinpacken, so dass die Story und Handlungsabfolge stellenweise ein klein wenig verfahren wirken und ein paar Schnitte mehr (mit dem Ergebnis kürzerer Laufzeit) dem Film vermutlich gut getan hätten.
Aber streng genommen ist das Gemecker auf hohem Niveau, denn vermutlich stört das alles die normale Kinobesucherin überhaupt nicht und man kann auch wirklich nicht sagen, dass Langeweile aufgekommen wäre.
Dazu kommen die üblichen sublimen Messages, die Gunns GUARDIANS-Filme auszeichnen. Tatsächlich geht es auch hier wieder um mehr als das vordergründige Helden-Gekloppe und die irre SciFi-Epik. Es werden auch Themen betrachtet wie: Wo komme ich her? Wo gehöre ich hin? Auch wenn man anders oder sehr anders ist, kann man immer noch dazu gehören. Freunde haben. Oder auch: Du kannst nichts für deine Herkunft. Und auch wenn diese Themen dezenter anklingen als insbesondere in VOL. 2, sind sie eindeutig vorhanden und heben das Spektakel dadurch wieder einmal über andere Superhelden- oder MCU-Filme heraus.
Stellenweise ist VOL. 3 deutlich gruseliger als die Vorgänger, das gilt insbesondere für die Rückblicke, in denen wir mehr über Rockets Vergangenheit erfahren (ich hatte gelesen, dass manche Kritiker das Verhältnis und die Szenen zwischen Rocket und seinen Jugendfreunden als »kitschig« bezeichneten. Wer so etwas schreibt muss über den Empathielevel einer vergammelten Süßkartoffel verfügen, ich fand die Szenen herzzerreißend).
Und dann ist da diese Guardians-übliche Kampfszene, bei der man im Vergleich zu den Vorgängern nochmal einen draufgesetzt hat. So eine Choreografie mag man schonmal gesehen haben, aber der Metzelfaktor bei dieser einen Kampfszene, die ich meine, war deutlich höher als bisher gesehen. Nur gut, dass die Gegner dabei so dermaßen grotesk sind, dass man die … äh … sauberen Schnitte nun wirklich nicht ganz ernst nehmen kann. Ein wenig wirkte die aber auch wie »oh, wir brauchen noch eine durchchoreografierte Kampfszene«.
Ich möchte an dieser Stelle übrigens mal ausdrücklich hervorheben, dass ich diesmal nichts an der Synchronisation auszusetzen hatte. Man merkte meiner Ansicht nach deutlich, dass die Sprecher viele Jahre Zeit hatten, sich mit den Figuren und dem Timing einzugrooven. Das hat man leider viel zu selten bei deutschen Übersetzungen, Trotzdem freue ich mich wie immer auf die OV.
Es ist gut, dass nun mit diesem Thema in dieser Zusammensetzung Schluss ist (und das ist sicher kein Spoiler, wenn man die Trailer gesehen hat), denn diesen brillianten Unsinn kann man eben nicht auf alle Zeiten fortsetzen, ohne dass es ermüdet. Deswegen geht es auch für mich völlig in Ordnung, dass GUARDIANS OF THE GALAXY eine Trilogie ist. Das Pferd wird nicht auf Thanos komm raus totgeritten. Gut so.
GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 3 ist ein äußerst kurzweiliger, sehr sehenswerter Film, der vor abgefahrenen Ideen und wirklich guten Gags nur so strotzt. Dass die stellenweise hart an der richtigen Grenze zum Klamauk sind, ist themenimmanent. Dass er Logiklöcher, oder eher Handlungslöcher, hat, durch die man mit Knowhere durchfliegen könnte, stört nun wirklich niemanden, denn irgendwie passen die zu dem ganzen Irrsinn. Kleinere Abstriche muss man bei Handlungsstringenz, Drehbuch und Länge machen, aber das sind letzten Endes nur Details.
Danke, James Gunn. Viel Erfolg und Glück bei DC, du wirst dort und mit Warner insbesondere letzteres dringend brauchen.
GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 3
Besetzung: Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Vin Diesel, Bradley Cooper, Karen Gillan, Pom Klementieff, Elizabeth Debicki, Sean Gunn, Sylvester Stallone, Will Poulter, Chukwudi Iwuji und andere.
Regie: James Gunn
Drehbuch: James Gunn
Produzenten: Kevin Feige,
Ausführende Produzenten: Victoria Alonso, Louis D’Esposito, Simon Hatt, Nikolas Korda, Sara Smith
Kamera: Henry Braham
Schnitt: Greg D’Auria, Fred Raskin
Musik: John Murphy
Produktionsdesign: Beth Mickle
Casting: Sarah Finn
150 Minuten
USA 2023
Promofotos Copyright Walt Disney Pictures & Marvel Studios