GONE GIRL – Das perfekte Opfer

Poster Gone Girl

GONE GIRL – Bun­des­start 02.10.2014

Von einem Aus­nah­me-Regis­seur zu spre­chen, ist nicht über­trie­ben, wenn das The­ma auf David Fin­cher kommt. Sei­ne Fil­me sind alles ande­re, als leich­te Kost, und weit ab vom bekannt bekömm­li­chen Kino. Selbst bei belieb­ten, berühm­ten Vor­la­gen kennt Fin­cher kei­ne Scheu. Mit ALIEN 3 konn­te er die Serie tat­säch­lich wie­der in eine neue Rich­tung brin­gen, so wie sich zuvor Came­rons ALIENS von Scotts Vor­bild unter­schied. Und mit VERBLENDUNG hät­te er fast ein Meis­ter­werk der Lite­ra­tur­ver­fil­mun­gen auf die Lein­wand gebracht. Nur fast, weil sich schon das schwe­di­sche Ori­gi­nal als per­fek­te Adap­ti­on prä­sen­tier­te, mit sei­ner sehr eige­nen, düs­te­ren Atmo­sphä­re. Mit dem erst vor zwei Jah­ren erschie­nen Best­sel­ler GONE GIRL konn­te sich jetzt der Aus­nah­me-Regis­seur erneut bewei­sen. Das erstaun­li­che Ergeb­nis ist aber nicht nur David Fin­chers Talent zu ver­dan­ken, son­dern einer gan­zen Rei­he von Talen­ten, allen vor­an der Buch­au­to­rin Gil­li­an Flynn, die selbst das Dreh­buch ver­fass­te.

Es ist die ganz gro­ße Lie­be zwi­schen Nick und Amy. Eine Lie­be fürs Leben, für zwei Men­schen, die kei­nen Bezie­hungs­all­tag möch­ten, die sich gegen alle Kon­ven­tio­nen weh­ren. Und wo jeder vom ande­ren erwar­tet, er wäre genau das Beson­de­re. Bei­de haben das gesucht, und es in dem ande­ren gefun­den. Wie dabei das Eigen­ar­ti­ge, nicht zu erklä­ren­de Ver­schwin­den von Amy fünf Jah­re spä­ter zu inter­pre­tie­ren ist, davon han­delt die­ser kom­plex span­nen­de Film. Über die Hand­lung braucht man nicht vie­le Wor­te ver­lie­ren. Denn ent­we­der kennt man die Geschich­te, oder man soll­te mög­lichst wenig davon wis­sen. Man braucht auch kei­nen Hand­lungs­ab­lauf für GONE GIRL, um ein even­tu­el­les Inter­es­se noch zu unter­stüt­zen. Eigent­lich müss­te es genü­gen, zu sagen, das dies ein Thril­ler von David Fin­cher ist. Doch dafür ist GONE GIRL wie­der­um auch nicht so ein­fach struk­tu­riert. Denn seit FIGHT CLUB ist dies auch David Fin­chers wit­zigs­ter Film,  manch­mal zynisch, sehr oft schwarz­hu­mo­rig. Aber der Humor besteht eben nicht aus lus­ti­gen Ein­la­gen, son­dern ent­steht aus den oft absur­den, weil rea­lis­ti­schen, Situa­tio­nen, die sich aus dem Hand­lungs­ab­lauf erge­ben. Und manch­mal lacht man, weil es ein­fach bit­ter ist, aber auch so nach­voll­zieh­bar. Die­se Mischung mit knall­har­ten Ele­men­ten eines Thril­lers ist wirk­lich ein­zig­ar­tig.

Geglie­dert ist GONE GIRL in drei Seg­men­te. Mit jedem Ele­ment stei­gert sich die Dich­te der Erzäh­lung. Was ist wirk­lich pas­siert, und vor allem: war­um? Dabei ver­lässt sich Fin­cher ganz auf die exzel­len­te Geschich­te und sei­ne erst­klas­si­gen Dar­stel­ler, vor­an natür­lich Ben Affleck und Rosa­mund Pike. Anders als noch bei VERBLENDUNG, wird die Kame­ra zurück genom­men, und nicht als atmo­sphä­ri­schen Stil­mit­tel benutzt. Jeff Cro­nen­weth´ Bil­der sind klar in ihrer Struk­tur und ohne beein­flus­sen­de Ver­frem­dung. Was Fin­cher aller­dings macht, ist die­se ein­fach wir­ken­den Bil­der als Bot­schaft zu ver­wen­den. Es gibt eine bestimm­te Dusch­sze­ne, die auf den ers­ten Blick nicht logisch scheint, aber extrem sym­bol­träch­tig ist. Wo deut­lich wird, dass Nick und Amy  nicht ein­fach zusam­men gehö­ren, son­dern war­um sie für­ein­an­der geschaf­fen sind. Es gibt auch eine Sze­ne, die sich wie­der­holt, dabei aber in einen ande­ren Kon­text gesetzt wird. Hier wer­den die Gefühls­wel­ten offen­bart, wel­che den Zuschau­er mit den Cha­rak­te­re in Ein­klang bringt. Dass den­noch Kri­tik an der Auf­lö­sung der Geschich­te auf­kommt, ist der Kom­ple­xi­tät geschul­det, wel­che Fin­cher und die Dreh­buch­au­to­rin Flynn ihren Haupt­fi­gu­ren abver­lan­gen. Das ist in geschrie­be­nen Zei­len ein­fa­cher und inten­si­ver auf­zu­zeich­nen, als es ein rein fil­mi­sches Medi­um zu ver­mit­teln ver­mag.

Wenn­gleich es ange­brach­te Kri­tik­punk­te geben soll­te, ist GONE GIRL ein sehr ein­neh­men­der und beun­ru­hi­gen­der Thril­ler. Beun­ru­hi­gend auch des­we­gen, weil er sehr unter­halt­sam, oft­mals lus­tig ist. Und die­se per­fi­de Mischung, die schon den Roman zu sei­nem ver­dien­ten Erfolg führ­te, macht aus GONE GIRL den per­fek­ten, weil sehr unge­wöhn­li­chen Thril­ler. Oder etwas schlicht aus­ge­drückt: es ist eben ein  Film von David Fin­cher.

GoneGirl

GONE GIRL
Dar­stel­ler: Rosa­mund Pike, Ben Affleck, Neil Patrick Har­ris, Mis­si Pyle, Car­rie Coon, Patrick Fugit, Boyd Hol­brook, Scoot McN­airy u.a.
Regie: David Fin­cher
Dreh­buch: Gil­li­an Flynn
Kame­ra: Jeff Cro­nen­weth
Bild­schnitt: Kirk Bax­ter
Musik: Trent Rez­nor, Atti­cus Ross
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Donald Gra­ham Burt
145 Minu­ten
USA 2014
Pro­mo­fo­tos Copy­right 20th Cen­tu­ry Fox of Ger­ma­ny

2 Kommentare zu „GONE GIRL – Das perfekte Opfer“

  1. Ich habe den Film auf Blu-Ray gese­hen und habe lei­der nicht den Ver­gleich zum Buch. Natür­lich wer­den vie­le sagen, dass das Ende unglaub­wür­dig erscheint, aber wenn man sich die bei­den Cha­rak­te­re mal genau­er anschaut, ist das Ende viel­leicht gar nicht so abwe­gig. Mir miss­fällt eher die Ent­wick­lung der Kri­mi­nal­ge­schich­te und die Her­aus­bil­dung eini­ger Unge­reimt­hei­ten, ins­be­son­de­re gegen Ende. Ich möch­te nicht spoi­lern, aber es müss­te für die Poli­zei und beson­ders das FBI eigent­lich leicht sein, Feh­ler in der angeb­li­chen Geschich­te zu fin­den. Ok, die Poli­zis­tin ver­sucht es, aber dass das FBI so gar kein Inter­es­se dar­an hat, macht das Ende mit Hin­sicht auf den Kri­mi­nall­fall doch irgend­wie absurd, auch wenn man natür­lich argu­men­tie­ren kann, dass es in der Rea­li­tät schon grö­be­re Schnit­zer gege­ben hat.

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