Dies ist ein Filmdebüt, das für 160.000 australische Dollars gedreht wurde. So wird es zumindest behauptet. Denn was die Brüder Kiah und Tristan Roache-Turner hier auf die Leinwand zaubern, sieht unübertrieben nach einer Multi-Millionen-Dollar Produktion aus. Was bei einem Zombie-Film allein an Make-up ausgegeben werden muss, um sich nicht lächerlich zu machen, ist immens. Dass dann dieser geballte Horror lediglich für 160.000 finanziert wurde, kann man sich nicht vorstellen. Auch unter Berücksichtigung, dass Guerilla Films, so
nennen sich die Roache-Turner Brüder, über vier Jahre und nur an Wochenenden filmten. Aber sie lassen nichts vermissen. Gute Sets, vermeintlich aufwendige Locations, überzeugende Schauspieler, und ordentlich Action. Dies ist nach Optik und Inszenierung keine Produktion, die gerade einmal hinter dem Haus der Nachbarn gedreht wurde – WYRMWOOD ist ganz großes Kino. Und es ist eine Schande, dass der Film keinen deutschen Verleih gefunden hat.
Ein Meteor-Regen. Das ist alles was es braucht, um alles zu verändern. Es gibt nur wenige, die immun sind, alle anderen verwandeln sich nach und nach in Zombies. Barry glaubt mit Frau und Kind irgendwie im Auto der Katastrophe entkommen zu können, doch Mutter und Tochter verwandeln sich ebenfalls, woraufhin Barry handeln muss. Seine letzte Hoffnung ist nun Schwester Brooke, sich auf dem Weg dorthin kann er sich mit Benny und Frank zusammen tun kann. Ein vor Zombies sicherer Geländewagen und eine erstaunliche Entdeckung. Das blutige Abenteuer nimmt einen immer wieder überraschenden Verlauf. Zum Beispiel in Form eines fahrenden Labors, in dem ein Disco-verliebter Doktor grausame Experimente durchführt. Nebenbei, auch an Brooke.
Guerilla haben WYRMWOOD mit einer Canon EOS 5D gedreht, was dem Film eine sehr spezielle, aber eben auch eigene Optik verleiht. Sicherlich nicht der erste Kinofilm, der mit einer EOS gedreht wurde, aber Kameramann Tim Nagle nutzt hier im vollen Umfang die Möglichkeiten und Vorteile gegenüber einer normalen Filmkamera. Extreme Schärfentiefen, Kontrastumfang, und vor allem die Handlichkeit. An dieser Stelle kann man argumentieren, dass dies alles mit einer digitalen Filmkamera ebenso möglich gewesen wäre. Aber schwieriger, und vor allem nicht zu diesem Preis. Visionäre wie Kiah und Tristan Roache-Turner können sich mit so etwas nicht nur beweisen, sondern zudem einen unheimlich wichtigen Beitrag für Genre-Freunde liefern. Denn was das Kino dringend notwendig hat, ist frisches, innovatives Blut. Und dazu gehört WYRMWOOD.
Wer kennt sie nicht, die unendlichen Diskussionen, ob Romeros schlurfende Zombies besser sind, oder die rasenden Berserker aus 28 DAYS LATER. Dann kommt ein Film wie WYRMWOOD, und der könnte die ewigen Streitereien beenden, weil er eine ganz exzellente, sehr eigene Lösung für die Splatter-Freunde bereit hält. Es ist immer wieder schön, Talente für sich zu entdecken, die nicht nur einfach ihre Hausaufgaben gemacht haben, und einen Film »im Stil von« machen können, sondern tatsächlich etwas Neues und Eigenständiges für sich entwickelt haben. So macht Kino wieder einmal Spaß. Wenn es richtig weh tut, dann ist es genau richtig.
Guerillas Erzählstruktur ist etwas gewöhnungsbedürftig. Beginnt WYRMWOOD wie ein Action-Film, springt er in der Zeit zurück und zeigt sich als mitreißendes Drama. Doch dann beginnen sich die ersten Züge von Humor zu entfalten, was sich widerum später zu einem richtigen Spaß entwickelt, und schließlich im aufgeweckten Abenteuer mündet. Aber in diesem Mix gibt sich WYRMWOOD nicht verbissen, sondern wandelt eher spielerisch hin und her, ohne seinen unterhaltsamen Strom abreißen zu lassen. Und wenn die Experimente an Brooke abgeschlossen sind, kann der Film sogar noch etwas sehr Erfreuliches offerieren, und das ist eine bereits angekündigte Fortsetzung. Die Brüder werden es damit nicht leicht haben, denn was sie vorgelegt haben, ist schlichtweg grandiose Unterhaltung, die in allen Bereichen überzeugen kann. Weil der Humor genau angemessen zum Drama steht, und die Action eine angenehme Waage zum Horror bildet. Eine echte Schande, dass die deutschen Verleiher solche Trantüten sind.
WYRMWOOD: ROAD OF THE DEAD
Darsteller: Jay Gallagher, Bianca Bradey, Leon Burchill, Keith Agius, Luke McKenzie, Yure Covich, Catherine Terracini u.a.
Regie & Bildschnitt Kiah Roache-Turner
Drehbuch & Produktionsdesign: Kiah Roache-Turner, Tristan Roache-Turner
Kamera: Tim Nagle
Musik: Michael Lira
Australien / 2014
98 Minuten
Promofotos Copyright StudioCanal / IFC Films / Rosebud Entertainment