FALLING SKIES – Pilot

TERMINATOR meets WALKING DEAD

Als der ers­te Hin­weis in den ein­schlä­gi­gen Medi­en zu fin­den war, dass Ste­ven Spiel­berg für TNT eine Serie pro­du­ziert, die sich mit dem längst aus­ge­lutsch­ten The­ma Ali­en-Inva­si­on befasst, war ich erst ein­mal mäßig inter­es­siert. Eben weil das The­ma bereits so tot gerit­ten wor­den war und weil zu dem Zeit­punkt eine Men­ge Gen­re-Seri­en um die Auf­merk­sam­keit des Nerds heischten.

Auch ers­te Trai­ler waren kaum geeig­net, die Vor­freu­de zu stei­gern, denn die waren unin­spi­riert und weck­ten kei­ner­lei Inter­es­se an der Serie. Na gut, es ist SF, das wird man sich halt mal anse­hen. Das änder­te sich glück­li­cher­wei­se spä­ter, als man Per­so­nen an die Vor­gu­cker ließ, die ihr Hand­werk ver­stan­den und da kam dann doch end­lich Span­nung auf, was FALLING SKIES anging – zudem man davon aus­ge­hen konn­te, dass Spiel­berg kei­nen völ­li­gen Tur­key ablie­fern würde.

Der Pilot – in klas­si­scher Form als Dop­pel­fol­ge daher kom­mend – hielt dann auch nicht nur, was die letz­ten Trai­ler ver­spra­chen, son­dern lie­fer­te sogar sehr Sehens­wer­tes ab!

ACHTUNG! Kann Spu­ren von Spoi­lern ent­hal­ten – ich wer­de mich bemü­hen, kei­ne hand­lungs­wich­ti­gen Details offen zu legen, aber Klei­nig­kei­ten zu Set­ting und Hand­lung wird man in die­sem Arti­kel fin­den. Wer die nicht will, hört jetzt auf zu lesen! You have been warned!

Gleich vor­ne­weg: hier wird weder das Gen­re neu erfun­den, noch das Unter­hal­tungs­fern­se­hen. Statt­des­sen setzt man auf bewähr­te TV-Erzähl­kunst, die in der gekonn­ten Umset­zung den­noch erstaun­lich frisch und wenig abge­nutzt wirkt.

Das Sze­na­rio ist schnell umris­sen: in einer sehr nahen Zukunft (oder der Gegen­wart) lan­det eine außer­ir­di­sche Inva­si­ons­ar­mee auf der Erde, tötet einen gro­ßen Teil der Bevöl­ke­rung und nimmt den Pla­ne­ten in Besitz. Ver­spreng­te Grup­pen von Men­schen kämp­fen ums Über­le­ben und sind auf der Flucht, denn gegen die tech­nisch und phy­sisch weit über­le­ge­nen Außer­ir­di­schen ist kaum ein Kraut gewachsen.

Das ist die Aus­gangs­si­tua­ti­on, in die man als Zuschau­er sehr über­gangs­los und ohne gro­ße Erläu­te­run­gen gewor­fen wird. Die Sze­na­ri­en mit zum Teil ver­fal­le­nen zum Teil ganz gut erhal­te­nen Gebäu­den, aber durch vie­le klei­ne Details gekonnt in Sze­ne gesetz­ten Klei­nig­kei­ten sind über­zeu­gend und erin­nern an THE WALKING DEAD – dum­mer­wei­se sind die Ali­ens kei­nes­wegs die hirn­lo­sen Schlur­fer wie die Unto­ten aus jener Serie, ganz im Gegenteil.
Die Grup­pen von Über­le­ben­den set­zen sich zusam­men aus übrig geblie­be­nen Sol­da­ten, die ver­su­chen, die Zivi­lis­ten zu beschüt­zen, und eben jenen Zivi­lis­ten – wie man sich vor­stel­len kann, füh­ren allein schon die unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen wie Situa­tio­nen zu bewäl­ti­gen sind, zu Kon­flik­ten zwi­schen den Überlebenden.

Zu den Hauptpersonen:

Tom Mason (Noah Wyle) – Tom Mason ist ein ehe­ma­li­ger Geschichts­pro­fes­sor in Cam­bridge, der durch den Angriff sei­ne Frau ver­lo­ren hat. Zwei sei­ner Söh­ne, den jüngs­ten und den ältes­ten, hat er ret­ten kön­nen und sie sind bei ihm, einen drit­ten hält er für tot. An zwei­ter Stel­le in der Kom­man­do­ket­te hin­ter dem Mili­tär Cap­tain Wea­ver (Will Pat­ton) fin­det er sich in einer Rol­le, die er sich so sicher nie gewünscht hat, die er aber aus­füllt – wenn­gleich manch­mal wiederstrebend.
Noah Wyle ist einen wei­ten Weg gegan­gen, seit er der Wes­ley-Crus­her-Klon in EMERGENCY ROOM war, es ist abzu­se­hen, dass er in die­ser Serie glaub­wür­dig einen durch sei­ne Erleb­nis­se hart gewor­de­nen Cha­rak­ter spielt, der sich aber den­noch sei­ne Mensch­lich­keit im Ange­sicht des Schre­ckens zumin­dest teil­wei­se bewah­ren konn­te – was unaus­weich­lich zu Kon­flik­ten mit Wea­ver füh­ren wird.

Anne Glass (Moon Blood­good) – Anne ist eine Kin­der­ärz­tin, hat bei der Inva­si­on ihr ein­zi­ges Kind ver­lo­ren und ver­sucht sich abzu­len­ken, indem sie sich in die Arbeit stürzt. Auch wenn sie schein­bar einen star­ken Cha­rak­ter spielt, sieht man bereits in der Pilot­fol­ge die­se Fas­sa­de hin und wie­der brö­ckeln. Anne bemüht sich dar­um, mit den Kin­dern der Grup­pe zu arbei­ten, damit die­se das Trau­ma leich­ter ver­ar­bei­ten kön­nen – ange­sichts der stän­di­gen Kämp­fe und Gefah­ren­si­tua­tio­nen eine zum Schei­tern ver­ur­teil­te Aufgabe.
Annes Auf­ga­be führt dann auch zur über­aus beklem­men­den Intro­se­quenz der Serie, in der dün­ne Kin­der­stimm­chen die Geschich­te der Inva­si­on erklären.
Korin­na Moon Blood­good (die heisst übri­gens wirk­lich so, es han­delt sich nicht um einen Künst­ler­na­men) hat Erfah­rung mit dem Sze­na­rio, denn sie spiel­te die Rol­le der Blair Wil­liams in TERMINATOR SALVATION.

Cap­tain Wea­ver (Will Pat­ton) – hat die Auf­ga­be für das Über­le­ben der ihm anver­trau­ten Zivi­lis­ten zu sor­gen und wird die­se Auf­ga­be aus­füh­ren. Dabei macht er deut­lich, dass er nicht dafür da ist, den Über­le­ben­den Händ­chen zu hal­ten und dass gefäl­ligst nach sei­ner Pfei­fe zu tan­zen ist. Wea­ver hat im Krieg gegen die Ali­ens alles ver­lo­ren und ist dadurch ein har­ter und ver­bit­ter­ter Mann gewor­den, der nur des­we­gen nicht stän­dig gegen die Außer­ir­di­schen käpft, weil das sei­ne Mis­si­on – Beschüt­zen der Zivi­lis­ten – gefähr­den würde.

John Pope (Colin Cun­ning­ham) – ist der Anfüh­rer einer zusam­men­ge­wür­fel­ten Ban­de von Ver­bre­chern und Plün­de­rern, auf die die Grup­pe der Über­le­ben­den, die wir in der Serie ver­fol­gen, im Lau­fe des Pilo­ten stößt. Pope ist ein har­ter, skru­pel­lo­ser Mann, der mit sei­nen Leu­ten seit der Inva­si­on ganz gut lebt, denn er kann sei­nen Gelüs­ten frei­en Lauf las­sen. Dabei ist er ziem­lich intel­li­gent, was ihn umso gefäh­li­cher macht. In einem Gespräch mit Mason, den er gefan­gen genom­men hat, weist er dar­auf hin, dass er eine Ana­lo­gie zwi­schen der Ver­drän­gung der ame­ri­ka­ni­schen Urein­woh­ner durch die euro­päi­schen Sied­ler und der Inva­si­on der Außer­ir­di­schen sieht – ein Moment der sehr nach­denk­lich macht und ein­dring­lich zeigt, war­um es sich hier nicht ein­fach um die x‑te Varia­ti­on des Inva­si­ons­the­mas han­delt, son­dern man offen­sicht­lich mehr mit der Serie vor hat.
Cun­ning­ham kennt der Gen­re-Fan durch sei­ne Rol­le als USAF-Major Paul Davis in der Serie STARGATE SG1. Man merkt ihm deut­lich an, dass ihm die Rol­le als lang­haa­ri­ges Arsch­loch eine Men­ge Spaß macht und ich gehe sicher davon aus, dass die­se Figur viel­schich­ti­ger ange­legt sein wird, als man es anfangs den­ken mag.

Man könn­te noch auf wei­te­re Cha­rak­te­re ein­ge­hen (Söh­ne, Side­kicks, die rest­li­chen Damen), jedoch wür­de das zum einen die Arti­kel­län­ge spren­gen, zum ande­ren bekam im Pilo­ten natür­lich noch nicht jeder so viel zu tun, um sei­ne Rol­le bereits zu profilieren.

Der Seri­en­start legt eine Men­ge Wert und Augen­merk auf Cha­rak­ter­ent­wick­lung, stellt uns vor, mit wem wir es zu tun haben, tut das aber auf eine sehr unauf­dring­li­che Wei­se, ver­zich­tet bei­spiels­wei­se auf die in US-Pro­duk­tio­nen ger­ne ein­ge­setz­ten Rück­blen­den, um uns die Gescheh­nis­se wäh­rend der Inva­si­on vor Augen zu füh­ren. Die Hand­lung kon­zen­triert sich sehr deut­lich auf das Hier und Jetzt, wich­tig ist das täg­li­che Über­le­ben, man hat kei­ne Zeit, dar­an zu den­ken was Ges­tern war. Die­se Her­an­ge­hens­wei­se erzeugt eine beklem­men­de Authen­ti­zi­tät, der man sich als Zuschau­er nur schwer ent­zie­hen kann.
In genau rich­ti­ger Dosis wird aller­dings auch Action ein­ge­setzt, um dem Zuschau­er ganz klar vor Augen zu füh­ren, dass wir es nicht mit einem Kin­der­ge­burts­tag zu tun haben – es geht um Leben und Tod. Des­we­gen kommt es zu meh­re­ren Kampf­sze­nen mit den Ali­ens, auf die wir in die­sem Zusam­men­hang auch Bli­cke erha­schen kön­nen – man hat sich dan­ken­wer­ter­wei­se nicht an irgend­wel­chen bekann­ten Spe­zi­es ori­en­tiert und man hat sie auch nicht huma­no­id gestal­tet. Neben den viel­bei­ni­gen Crit­tern bekom­men die Über­le­ben­den es auch immer wie­der mit zwei­bei­ni­gen Kampf­ro­bo­tern – sinn­vol­ler­wei­se »Mechs« genannt – zu tun. Doch nicht nur die Ali­ens sind Geg­ner – erneut zeigt sich, dass der schlimms­te Feind des Men­schen nach wie vor der Mensch selbst ist.

Spe­zi­al­ef­fek­te wer­den wei­test­ge­hend spar­sam ein­ge­setzt und kom­men nur in den ver­gleichs­wei­se weni­gen Sze­nen zur Anwen­dung, in denen direk­ter Kon­takt mit Ali­ens bzw. deren Robo­tern (?) statt­fin­det. Auch das tut der Gesamt­stim­mung und Atmo­sphä­re aber gut – man darf aller­dings davon aus­ge­hen, dass man in Zukunft mehr davon sehen wird, spä­tes­tens wenn die Seri­en­ma­cher dar­an gehen, die Hin­ter­grün­de der Fremd­we­sen zu beleuch­ten. Dass es dazu kom­men wird, hal­te ich für sicher.

TNT lie­fert mit FALLING SKIES grund­so­li­des und höchst kurz­wei­li­ges Fern­se­hen ab, das zwar Inno­va­ti­on ein wenig ver­mis­sen lässt, das aber mit sau­be­rem hand­werk­li­chem Geschick, einer guten Sto­ry, kla­rer Struk­tu­rie­rung, über­zeu­gen­den Cha­rak­te­ren und Schau­spie­lern sowie deut­lich spür­ba­rer Freu­de an dem, was man da tut, mehr als wett macht. Da es sich bei TNT nicht um einen Pay-TV-Sen­der wie bei­spiels­wei­se HBO han­delt, feh­len zwar »tits and gore«, aber das muss ja nun auch nicht zwang­haft immer sein. Der Pilot punk­tet ins­be­son­de­re auch mit Klei­nig­kei­ten, wie bei­spiels­wei­se einem Geschichts­pro­fes­sor, der sich trau­rig von einem Sta­pel Bücher abwen­det und die­se zurück las­sen muss, weil für der­lei Luxus in der har­schen Welt der Serie kein Platz mehr ist und der sich zwi­schen der Ver­ant­wor­tung für die ihm anver­trau­ten Men­schen und der Sor­ge um sei­ne Söh­ne hin und her geris­sen sieht. Klei­nen Details im Sze­nen­bild. Einer tak­ti­schen Ein­satz­kar­te, auf der STAR WARS-Action­fi­gu­ren die Ein­hei­ten dar­stel­len. Oder die Beklem­mung die sich ange­sichts des Todes­kamp­fes eines schwer ver­letz­ten Ali­ens bei den Cha­rak­te­ren ein­stellt – selbst ange­sichts eines völ­lig fremd­ar­ti­gen und höchst feind­se­li­gen Geg­ners bleibt Platz für Mensch­lich­keit. Großartig!

Es bleibt abzu­war­ten, ob die Serie das hohe Niveau des Pilot­films hal­ten kann, ins­be­son­de­re ob man an typi­schen Pla­ti­tü­den des US-Seri­en­fern­se­hens vor­bei­na­vi­gie­ren und uner­war­te­te Wen­dun­gen bie­ten kann. Soll­te dem so sein, wer­den wir es mit einem High­light der SF-Fern­seh­un­ter­hal­tung zu tun bekom­men, denn FALLING SKIES macht zumin­dest in sei­nem Pilot­film das Meis­te richtig.

 

Auf der offi­zi­el­len Web­sei­te zur Serie fin­det man einen beglei­ten­den Web­co­mic (Sei­te bei TNT, in eng­li­scher Sprache).

[Update 19.07.2011:] Inzwi­schen exis­tiert auch eine deut­sche Sei­te zur Serie, dort wer­den wei­te­re Infor­ma­tio­nen und der Web­co­mic auch in Deutsch bereit gehalten.

 

FALLING SKIES – LIVE AND LEARN (Pilot, S01E01 & S01E02)
Beset­zung: Noah Wyle, Moon Blood­good, Colin Cun­ning­ham, Mpho Koaho, Sarah San­gu­in Car­ter, Con­nor Jes­sup u.a.
Regie: Carl Franklin
Dreh­buch: Robert Rodat
aus­füh­ren­de Pro­du­zen­ten: Jus­tin Fal­vey, Dar­ryl Frank, Robert Rodat
Pro­du­zent (unter ande­rem): Ste­ven Spielberg
Kame­ra: Chris­to­pher Faloona
Schnitt: Don Aron
Musik: Noah Sorota
Pro­duk­ti­ons­fir­men: Dream­Works Tele­vi­on, Inva­si­on Productions
Dis­tri­bu­tor: TNT
USA 2011

[cc]

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