Ich hatte es immer wieder mal an verschiedenen Stellen thematisiert: Es ist eine extrem schlechte Idee für nonprofit-Projekte oder kleine Selbstständige, Facebook als alleinige Werbeplattform zu nutzen. Das gilt auch für instagram, denn das ist derselbe Laden. Der Grund: Man ist vollständig von der Plattform abhängig – und die kann einem von heute auf morgen die Luft abdrehen, sprich: einen unsichtbar machen oder gar die Seite sperren. Auf einen wie auch immer gearteten Support darf man nicht hoffen, die reagieren maximal dann, wenn man auch immer brav Werbebudgets investiert. Und selbst dann herrscht allzu oft das Schweigen im Walde.
Ein besonders krasses Beispiel ist Fabian Mauruschats Webseite Fischpott (Gruß aus Remscheid über den Berg nach Wuppertal), die sich mit Themen wie Games oder Büchern befasst, also völlig harmloser Content ganz ähnlich wie hier auf PhantaNews – sollte man meinen. Denn die Seite wurde von Facebook Anfang 2020 unsichtbar gemacht.
Lassen wir den Betreiber selbst zu Wort kommen, um die Situation zu erklären:
Seit 7. Januar 2020 wird unsere kleine Nerd-und-Kultur-Plattform fischpott.com von Facebook und Instagram geblockt. Weder in Posts noch in Angaben auf den Seiten kann der Link gesetzt werden. Der Grund für die Blockierung ist unersichtlich, manchmal wird bei automatischen Antworten als Grund Spam genannt. Den Facebook-Support können wir nicht erreichen, was wahrscheinlich daran liegt, dass wir seit mehr als zwei Jahren keine zahlenden Anzeigenkunden mehr sind. Es gibt verschiedene Erklärungen, was die Ursache sein kann und an diesen Baustellen haben wir uns so gut, wie es eben geht, versucht – also Inhalte offline genommen, Links zu Twitter unterbunden, etc. Freund*innen und Bekannte mit mehr Knowhow, Erfahrung und Facebook-Insight haben versucht, zu helfen. Darunter auch jemand, dessen Blog blockiert wurde, weil es anscheinend von rechten Netztrollen als Spam gemeldet wurde. Dieser Blogger konnte Kontakt mit dem Support aufnehmen und seine Seite neu verifizieren. Jegliche Kontaktaufnahmen zum Support sind bei uns gescheitert.
Derzeit sieht es so aus: Wer einen Link zur Seite posten will, erhält folgende Meldung: »Dein Beitrag konnte nicht geteilt werden, da dieser Link gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt. Wenn dies deiner Meinung nach nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt, teile uns das bitte mit.«
Unter dem weiterführenden Link heißt es: »Wir blockieren manchmal bestimmte Inhalte und Handlungen, um die Sicherheit von Facebook zu gewährleisten. Sollten wir deiner Meinung nach einen Fehler gemacht haben, lass es uns wissen. Wir können zwar keine einzelnen Meldungen prüfen, doch mithilfe deines Feedbacks sorgen wir dafür, dass Facebook ein sicherer Ort bleibt.«
Jetzt hatte ich am 26. Juni in einem Post – bei Facebook und im Blog – vorgeschlagen, den Link zu fischpott.com zu posten und nach der Blockierung das Feedback zu geben, dass Fischpott eben kein Spam enthält. Ich dachte, dass eine Mehrzahl an Meldungen eine Reaktion von Facebook wahrscheinlicher machen sollte. Auf Twitter erhielt ich allerdings das Feedback von einem User, der sich anscheinend damit auskennt, dass nur der Support helfen kann. Meine Frage an ihn: »Das heißt also im Endeffekt, dass die Feedbackfunktion von Facebook keinen Zweck erfüllt außer das Gefühl zu vermitteln, dass man etwas getan hat?« beantwortete er mit »Das ist richtig.«
Auf Anraten eines weiteren Freundes habe ich mich an die Rechtsberatung meiner Gewerkschaft gewandt. Der Kollege konnte mir ebenfalls nicht weiterhelfen. Er meinte, dass davon auszugehen ist, dass die AGBs von Facebook dieses Vorgehen abdecken.
Eine weitere Folge des Posts waren natürlich Hinweise zur Sperrung. Ein Facebook-User meinte, dass die Umleitung von URLs ein Grund für die Klassifizierung als Spam sein könnte. Also habe ich mich an meinen Hoster UDMedia gewandt. Die Frage dazu sei nicht beantwortbar, ich müsse mich an Facebook wenden hieß es dort.
Aktuellster Stand ist, dass ich einen Weg ausprobiert habe, der bis zum April bei mir nicht möglich war. Nämlich auf das neueste Design umzustellen und dort den Support anzuschreiben. Eine Antwort habe ich eine Woche später aber immer noch nicht erhalten.
Soweit Fabian.
Die Bitte an alle wäre jetzt erst einmal, das zu verbreiten, so weit es geht. Weiterhin wäre die Bitte, das Facebook und instagram großflächig als Fehler zu melden, aber selbstverständlich das auch auf jedem anderen möglichen Weg zu teilen.
Und man sollte dringend die Erkenntnis daraus ziehen, dass die Medienmacht Facebooks längst einen sehr ungesunden Level angenommen hat. Die nehmen sich heraus, diktatorisch jegliche Information zu unterdrücken, ohne Begründung und ohne Möglichkeiten, dagegen Beschwerde einzulegen. Es bleibt dann offenbar nur der finanziell risikoreiche Rechtsweg, man könnte beispielsweise versuchen, eine einstweilige Verfügung zu erwirken.
Es ist dringend Zeit für Alternativen abseits des Medienmolochs und Datenkraken Facebook. Diverse alternative Projekte wie das Fediverse oder Okuna (die hießen übrigens mal »Openbook«, der Name ist ernsthaft von Facebooks Anwälten mit Klageandrohung untersagt worden) sind in Entwicklung, ersteres ist allerdings leider nur etwas für Tech-Affine (und an diversen Stellen sind die verfügbaren Clients wie Diaspora oder Hubzilla hart unausgereift), oder kämpft wie letzteres mit finanziellen wie technischen Schwierigkeiten und setzte leider auf den für mich völlig uninteressanten Ansatz »mobile first«.
Fakt bleibt allerdings, dass etwas passieren MUSS, denn die Situation wird sich durch kommende, wie immer handwerklich schlecht gemachte und grundgesetzwidrige Gesetzesinitiativen der Bundesregierung nicht verbessern, wenn US-Firmen zu Hilfssheriffs gemacht werden, die dann abwägen sollen, was Hatespeech und was akzeptable Meinungsäußerung ist. Das wird zu massivem Overblocking führen, weil die Plattformen zum einen Angst vor Bestrafung haben, und zum anderen ohnehin automatisierte Filter einsetzen werden, denn niemand kann so viele Mitarbeiter einstellen und bezahlen, um all die täglichen Posts zu kontrollieren. Und automatisierte Filter sind trotz allen Deep Learnings grundsätzlich schlecht und blockieren völlig problemlose Inhalte.
Und falls ihr Facebook und instagram als Werbe-Plattformen nutzt: Verwendet sie maximal als Crosspost-Plattform, verbreitet eure Inhalte auch noch auf anderen Wegen.
Seid ihr »nur« User sollte euch immer klar sein, dass Facebook völlig normale und legale Inhalte ohne jede Begründung vor euch verstecken kann und das auch aktiv tut. Nutzt andere Informationsquellen, beispielsweise RSS-Feeds oder die für euch interessanten Webseiten und Blogs direkt. Denn bei Facebook bekommt ihr am Ende nur das zu sehen, was Zuckerbergs Schergen und dessen Algorithmen gefällt. Und bei Fehlern oder fragwürdigen Entscheidungen, die zur Unsichtbarkeit der eigenen Beiträge führen – und damit zu einem massiven Trafficeinbruch bei euch, gibt es quasi keine Chance, etwas dagegen zu tun.
Facebook nutzt sein Monopol gnadenlos aus.
[Update:] Ich hab mal das Fischpott-RSS-Feed in der Seitenleiste eingefügt.