Bandit bespricht: GODZILLA – KING OF THE MONSTERS

GODZILLA: KING OF THE MONSTERS
Bun­des­start 30.05.2019

Für die Nerds eine klei­ne Aus­wahl von Tita­nen die in GODZILLA erschei­nen, anwe­send aber nicht zu sehen sind, oder als mög­li­che Geg­ner für wei­te­re Fil­men in Fra­ge kom­men: Angui­rus, Bara­gon, Bat­tra, Bio­l­an­te, Des­to­royah, Dogo­ra, Ebi­rah, Gigan, God­zil­la, Goro­sau­rus, Hedo­rah, Kama­cu­ras, King Cae­sar, King Ghi­do­rah, King Kong, Kumon­ga, Man­da, Mega­gui­rus, Mega­lon, Mothra, Ookon­do­ru, Orga, Rodan, Rok­mu­tul, Space­God­zil­la, Spi­ga, Tita­no­sau­rus, und/oder Varan.
Auch in Deutsch­land, genau­er bei Mün­chen, ist ein Titan ver­bor­gen. Für den Film voll­kom­men irrele­vant, aber für Inter­es­sier­te könn­te es viel­leicht Rok­mu­tul sein, oder sogar Angui­rus. Der Trai­ler ist dafür zu ungenau.

Es gibt Fil­me, die nur weni­ge Zwe­cke erfül­len müs­sen. Sie sol­len Spaß machen, sie sol­len die selbst gestell­ten Ansprü­che lie­fern, sie müs­sen kei­nen tie­fe­ren Sinn erge­ben. Pop­corn-Kino vom Feins­ten. Mehr als zwei Stun­den ein­fach abschal­ten kön­nen und dür­fen. Über­haupt nicht mehr, aber dafür auch nicht weni­ger, erwar­tet man von einem Film, des­sen Haupt­dar­stel­ler von  Com­pu­tern ani­miert wur­de, grö­ßer als man­ches Hoch­haus ist, und sich mit gleich gro­ßen Fies­lin­gen ordent­lich in die Wol­le kriegt. Bei solch ein­lei­ten­den Wor­ten ist vor­aus­zu­le­sen, dass hier noch ein ganz gro­ßes »Aber« fol­gen wird. Doch wo fängt man da an? God­zil­la ist ja schließ­lich nicht irgend­ein Hol­ly­wood-Schnell­schuss. Im Abspann kann man sogar lesen, dass es extra einen Beauf­trag­ten für das soge­nann­te »Mons­ter­Ver­se« gibt.

Mit einer Rück­blen­de, die direkt an den ers­ten Film anknüpft, beginnt das neue Kapi­tel, wo die Fami­lie Rus­sell ihren Jun­gen bei God­zil­las Kampf in San Fran­cis­co ver­liert. Gleich dar­auf springt der Film sechs Jah­re vor. Mon­arch-Wis­sen­schaft­le­rin Emma Rus­sell scheint kurz davor, den Ver­stand zu ver­lie­ren, weil sie den Ver­lust ihres Soh­nes noch immer nicht ver­kraf­tet. Man erin­nert sich, Mon­arch ist die­se freie kryp­to-zoo­lo­gi­sche Orga­ni­sa­ti­on, wel­che sich um die Kai­jus, also die etwas grö­ße­ren Wesen, küm­mert und die­se erforscht. Der Film macht dabei sehr schnell klar, dass sich Herr und Frau Rus­sell vor sechs Jah­ren getrennt haben. Töch­ter­chen Madi­son blieb bei ihr. Es ist die abge­dro­schens­te und lang­wei­ligs­te aller Prä­mis­sen. Wenn ein ehe­ma­li­ges Paar am Anfang getrennt ist, wer­den sie am Ende wie­der glück­lich ver­eint sein, weil bei­de nur um das Wohl ihrer ver­blie­be­nen Toch­ter bemüht sind. Und die schreck­li­chen Din­ge ein­fach nur zu zweit bewäl­tigt wer­den können.

Und so kämpft sich GODZILLA 2 wei­ter, durch ermü­den­de Kli­schees und unsin­ni­ge Plat­ti­tü­den, nur als Füll­ma­te­ri­al zwi­schen den Auf­trit­ten der wirk­lich wich­ti­gen, dafür ani­mier­ten Haupt­dar­stel­ler.  Sei es die Jugend­li­che, die mit einem uner­klär­ten Selbst­ver­ständ­nis Zutritt zu den gesi­cherts­ten Mon­arch-For­schungs­stel­len hat, und oben­drein auch noch just in die­sem Moment in eine Gefah­ren­si­tua­ti­on gerät, der nie­mand ent­kommt, außer hand­lungs­re­le­van­te Figu­ren. Dann gibt es den zivi­len Außen­sei­ter, der unver­ständ­li­cher­wei­se bes­ser, schnel­ler und intel­li­gen­ter ist, als die hoch­qua­li­fi­zier­ten und aus­ge­bil­de­ten Mili­tärs. Seit Jah­ren nicht mehr im Dienst von Mon­arch, belehrt er dazu auch noch unent­wegt tief in der Mate­rie ver­wur­zel­te For­scher und Wis­sen­schaft­ler mit den nahe­lie­gends­ten Schluss­fol­ge­run­gen. Stän­dig lässt der Mann von drau­ßen alle von drin­nen wie Dilet­tan­ten aus­se­hen. Und pas­siert etwas Gars­ti­ges, dann nur wenn die mensch­li­chen Haupt­dar­stel­ler genau an jenem Ort sind, und höchst­selbst in Gefahr geraten.

Man muss nicht dar­über strei­ten, dass es ein Film mit gigan­ti­schen Lebens­for­men grund­sätz­lich schwer hat, einen glaub­wür­di­gen Rea­lis­mus zu ver­mit­teln, denn schließ­lich hat er auch noch die Ver­pflich­tung eines dra­ma­tur­gi­schen Ablau­fes. Und weil der Zuschau­er haupt­säch­lich der Schau­wer­te wegen sei­nen Ein­tritt zahlt, glaubt man die Hand­lung auf das not­wen­digs­te redu­zie­ren zu kön­nen, und auf den denk­bar ein­fachs­ten Weg dort­hin zu gelan­gen. Das ist bei Pop­corn-Kino so, und manch­mal auch erwünscht. Aber dazu besteht ein­fach kein Grund, und zeigt eine gewis­se Igno­ranz gegen­über dem Zuschau­er. Eini­ge Ände­run­gen in den Dia­lo­gen, ein paar Umschnit­te hier und da, viel­leicht ande­re Kame­ra­ein­stel­lun­gen. Man müss­te nicht ein­mal neue Sets kre­ieren. Der Mehr­auf­wand wäre viel­leicht zeit­lich, aber finan­zi­ell über jeden Zwei­fel erha­ben. Es wäre eine ehr­li­che­re, nach­voll­zieh­ba­re­re Hand­lung. Soll­te aller­dings Kal­kül dahin­ter ste­hen, dann erschließt das sich kei­nes­wegs. Es ist nur ärger­lich bei einer 200 Mil­lio­nen Dol­lar-Pro­duk­ti­on die­sel­ben an den Haa­ren her­bei gezo­ge­nen Stan­dards erle­ben zu müs­sen, wie bei einem bil­li­gen Fern­seh­for­mat für das Vormittagsprogramm.

Der Hin­ter­grund wur­de von GODZILLA (2014) bis KONG: SKULL ISLAND (2017) noch wei­ter her­aus­ge­ar­bei­tet. Die Gigan­ten sind nicht ein­fach eine blo­ße Bedro­hung für die Mensch­heit, sie sind die regu­lie­ren­den Instan­zen, wenn irgend­wo auf der Erde das öko­lo­gi­sche Gleich­ge­wicht gestört wird. Und der Mensch hat in den letz­ten hun­dert Jah­ren genug ange­rich­tet, was die Tita­nen auf den Plan rufen muss. Doch auch hier gibt es Nei­der, gegen die sich God­zil­la erst ein­mal erweh­ren muss, das Mons­ter­Ver­se ist kei­ne Demo­kra­tie. Dafür braucht aber die Mon­ar­chie einen legi­ti­men Thron­fol­ger. Es ist ein Hin­ter­grund der sogar sehr cle­ver erdacht ist und umge­setzt wur­de. Ohne das jemand sich genö­tigt sieht, die Öko-Keu­le zu schwin­gen, oder den dro­hen­den Zei­ge­fin­ger aus­zu­stre­cken. So funk­tio­niert das, und da sind die Tita­nen ohne Zwei­fel die Haupt­dar­stel­ler. Und nicht Reiß­brett-Figu­ren, für die der tie­fe­re Sinn uner­heb­lich ist.

Regis­seur und Co-Autor Micha­el Dougher­ty hat sein Ver­spre­chen ein­ge­löst, die Kai­jus in vol­lem Glanz und Glo­rie, und vor allem ihrer gewal­ti­gen Grö­ße auf die Lein­wand zu brin­gen. Was man da sieht, ist schlicht und ergrei­fend atem­be­rau­bend. Beim ers­ten Teil der neu­en Zeit­rech­nung hat Gareth Edwards noch den sehr effek­ti­ven künst­le­ri­schen Kniff ange­wandt, die Tita­nen haupt­säch­lich aus dem Blick­win­kel und Sicht­feld der Men­schen zu zei­gen. Dougher­ty woll­te mehr und Kame­ra­mann Law­rence Sher lie­fert, zum Bei­spiel mit gran­dio­sen Rück­fahr­ten, wel­che die Kämp­fer­na­tu­ren erst ihn Nah­auf­nah­me zei­gen, um die­se dann mehr und mehr in ihrem zer­stör­ten Umfeld zu zei­gen. Denn gesam­ten Film hin­durch sind die Grö­ßen­ver­hält­nis­se von Titan zu den Trüm­mer­fel­dern her­vor­ra­gend her­aus gear­bei­tet. Auch wenn man selbst­ver­ständ­lich für den alten Kum­pel God­zil­la jubelt, sticht doch King Ghi­do­rah her­aus. Des­sen drei Köp­fe wur­den von drei ver­schie­de­nen Dar­stel­lern per Moti­on-Cap­tu­re zum Leben erweckt. Kur­ze und fast nicht auf­fal­len­de Inter­ak­tio­nen zwi­schen den Köp­fen sind ein­fach brillant.

Umso ver­wun­der­li­cher ist es, dass es die drei Cut­ter Bar­ton, Duc­say und Pear­son nie erwar­ten konn­ten, schnellst­mög­lich von den Tita­nen weg zu den unin­ter­es­san­ten Men­schen zu schnei­den. Wenn im Hin­ter­grund die Gigan­ten gan­ze Stadt­tei­le zer­stö­ren, wer will denn da die besorg­ten Eltern bei ihrer Ret­tungs­ak­ti­on sehen? Wer von den betei­lig­ten Machern hat wirk­lich geglaubt, dass auch nur ein Zuschau­er den­ken wür­de, die über den gesam­ten Film beglei­te­te Haupt­fi­gur wür­de am Ende tot unter Trüm­mern begra­ben lie­gen? War es im ers­ten Teil noch plau­si­bel, dass der Mensch im Vor­der­grund stand, ist es hier nur ein Ärger­nis, weil eben so dilet­tan­tisch erzählt. Kaum hat God­zil­la einen ent­schei­den­den Schlag ange­bracht, sieht man anstel­le des Ergeb­nis­ses einen ver­zwei­fel­ten Vater in den ver­wüs­te­ten Stra­ßen den Namen sei­ner Toch­ter rufen. Das hat der König der Mons­ter nicht verdient.

Dass man als Main­stream-Beken­ner und Pop­corn-Feti­schist GODZILLA 2 gese­hen haben muss steht außer Fra­ge. Auch wenn man Män­ner in Ganz­kör­per­kos­tü­men aus nost­al­gi­schen Grün­den noch immer die Treue hält, hat das hier mitt­ler­wei­le eine ganz ande­re Dimen­si­on. Wenn sich dann God­zil­la aus den Flu­ten erhebt und Bear McCrea­ry in sei­ne Musik das Ori­gi­nal-The­ma aus 1954 von Aki­ra Ifu­ku­be ein­bin­det, dann könn­te dem Nost­al­gi­ker durch­aus eine Trä­ne aus dem Augen­win­kel ent­kom­men. Die Lust auf mehr ist trotz diver­ser Män­gel jeden­falls impli­ziert. Und mehr wird kom­men. Ob der klei­ne Appe­tit­hap­pen am Ende auf den nächs­ten, oder viel­leicht schon über­nächs­ten Teil im Mons­ter­Ver­se hin­weist, ist noch nicht zu sagen. Aber es krib­belt schon. Long live the King.

GODZILLA: KING OF THE MONSTERS

Dar­stel­ler: Mil­lie Bob­by Brown, Vera Far­mi­ga, Charles Dance Brad­ley Whit­ford, Kyle Chand­ler, Ziyi Zhang, O’Shea Jack­son Jr., Sal­ly Haw­kins u.a.
Regie: Micha­el Dougherty
Dreh­buch: Micha­el Dougher­ty, Zach Shields
Kame­ra: Law­rence Sher
Bild­schnitt: Roger Bar­ton, Bob Duc­say, Richard Pearson
Musik: Bear McCreary
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Scott Chambliss
132 Minuten
USA 2019

Pro­mo­fo­tos Copy­right War­ner Bros.

AutorIn: Bandit

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