DAS KANU DES MANITU – Deutschlandstart am 14.08.2025
DER SCHUH DES MANITU ist jetzt sagenhafte 24 Jahre alt. Was? War das nicht erst gestern? Es ist die immer noch mit Abstand erfolgreichste deutsche Komödie seit der Jahrtausendwende – und nicht nur das, es ist auch mit knapp 12 Millionen Kinoszuschauer°Innen der erfolgreichste deutsche Film überhaupt. Kein Wunder. Zum einen transplantierte der Film die oft flachen, manchmal tiefgründigen, aber immer urlustigen Gags aus der BULLYPARADE auf die Leinwand. Und zum anderen näherte man sich einem Thema, das tief im Bewusstsein der damals schon nicht mehr ganz taufrischen Zielgruppe verankert war: Western und deutsche Karl-May-Verfilmungen. Das tat man aber eben in einer sehr gesunden Mischung aus »drüber lustig machen« und Hommage, denn die Persiflage war zwar zielsicher, aber durchaus auch respektvoll.
Da nach all den Jahren noch mal einen nachlegen zu wollen ist … mutig. Würde der Humor nach all der Zeit noch funktionieren können? Ziehen die Gags immer noch, auch wenn man sie modernisiert?
Und zumindest ich musste erstaunt feststellen: Ja, dieser hanebüchene Unsinn macht immer noch genauso viel Spaß wie damals. Ich gebe zu, dass ich den BULLYPARADE-Blödsinn auch ziemlich vermisst habe; diese Mischung aus völlig bekloppt und hintersinnig. Und auch bei DAS KANU DES MANITU persifliert man wieder jegliche Genre-Versatzstücke und Klischees und mischt sie mit bekanntem Humor und Figuren. Die Modernisierung hält sich in engen Grenzen, sie ist da und sie referenziert auch ohne jeglichen erhobenen Zeigefinger mögliche Probleme in der Darstellung, denn übliche Bedenkenträger hatten im Vorfeld selbstverständlich versucht Probleme herbeizureden. Wie beispielsweise, dass sich jemand als amerikanischer Ureinwohner verkleidet.
Wenn man sich allerdings mal ein wenig zurück lehnt, vielleicht versucht den Stock aus dem Allerwertesten zu entfernen und das Ganze aus dem Blickwinkel der Parodie zu sehen, dann verkleidet sich hier tatsächlich niemand als amerikanischer Ureinwohner, vielmehr wird ein Genre persifliert, in dem sich Personen als amerikanische Ureinwohner verkleidet haben. Diese Metaebene ist durchaus relevant. Und es wird ein anderes Genre verulkt, in dem weiße Männer stets die ganz großen Helden und Oberhonchos sind. Die kommen hier allesamt nicht sonderlich gut weg. Und die Verneigung in Richtung der amerikanischen Ureinwohner bekommen wir am Ende des Films. Von irgendwelchen merkwürdigen, mental zurückgebliebenen Gestalten wird dem Film ersthaft „Wokeness“ vorgeworfen, weil er sich eben ein paar Gags, die vor 25 Jahren vermutlich noch gemacht worden wären, verkneift. Ich nenne das: »wir haben nicht mehr 2001« und »Humor und Zeiten verändern sich«.
Zitat Tramitz: »Es ist vollkommen wurscht, was man macht. Irgendeiner regt sich immer auf.«
Und die Ureinwohner, die diesmal vorkommen, sind nicht mehr nur für die Running Gags dabei, die Apachen sind echte (mit einer Ausnahme), reden ihre wirkliche Sprache und werden auch respektvoll behandelt.
Die Gagdichte ist erneut sehr hoch (viele davon sind wirklich, wirklich witzig) und Freunde des bekannten Humors aus dem ersten kommen fraglos auf ihre Kosten. Man lässt sich in der Humor-Inszenierung auf keine größeren Experimente ein und bleibt des Stil des ersten Teils leicht modernisiert treu. Das ist vermutlich auch ein guter Plan, denn es musste dasselbe Genre und derselbe Stil bleiben, um die Fans nicht zu vergrätzen. Das ist gut gelungen, es wurden auch reichlich Selbstreferenzierungen und Verneigungen zum ersten Teil eingebaut, ohne dass DAS KANU DES MANITU allerdings zu einer Epigone, einer reinen Kopie, des ersten Teil wurde. Das Kanu hat die Selbstkopie umschifft, der See kommt der Zuschauerin allerdings ziemlich bekannt vor (’schuldigung!).
Man bemerkt an vielen Stellen, dass deutlich mehr Budget zur Verfügung stand als beim Ersten, nicht zuletzt daran, dass auch in den USA gedreht wurde. Aber auch an der Filmmusik – und hier meine ich die Orchestrale, also nicht die Raab-schen Hiphop-Einlagen oder schrägen Gesänge der Protagonisten – stellt man für eine Komödie eine beeindruckende Qualität fest. Das steht den Soundtracks alter Westernschinken tatsächlich kaum was nach. Es macht wirklich Freude, wenn man bemerkt, dass man nicht nur viel Wert auf sehr viele kleine, liebevolle Details in der Ausstattung legte, sondern dann auch noch genug Kohle für eine gute Filmmusik da war.
Mir hat DAS KANU DES MANITU großen Spaß bereitet und ich hatte im Vorfeld ernsthafte Angst, ob man diese Nummer wirklich würde durchziehen können, ob das Konzept heute noch geht und ob das nicht in einer großen Enttäuschung und vielleicht sogar Peinlichkeit enden würde. DAS KANU DES MANITU kann DER SCHUH DES MANITU nicht erreichen. Dafür war das damals einfach alles zu überraschend und zu innovativ – und diese Überraschung fiel beim zweiten Teil nun einmal leider weg, ebenso wie die Innovation. Sieht man davon allerdings ab, dann wurde nach all den elenden und oft unlustigen Schweighöfer- und Fitz-Komödien der vergangenen Jahre endlich mal wieder ein wirklich witziger deutscher Kinofilm abgeliefert, der nicht enttäuscht.
Wenn man auf den schrägen bis flachen Humor steht. Aber wer das nicht tut, wird sich vermutlich für diesen Film nicht ins Lichtspielhaus verlaufen.
Ich hatte nicht daran geglaubt, aber Bully und seine Kumpanen haben nochmal abgeliefert und erneut eine hochunterhaltsame, wirklich witzige deutsche Komödie produziert. Vor allem eine mit Herz und bei der man merkt, dass hier keine Produktion abgewickelt wurde, sondern alle Bock hatten.
Ach ja: Marvel hat es vorgemacht, jetzt machen es sogar deutsche Komödien nach: Post Credits-Szenen.
DAS KANU DES MANITU
Besetzung: Michael Herbig, Christian Tramitz, Rick Kavanian, Jasmin Schwiers, Jessica Schwarz, Friedrich Mücke, Daniel Zillmann, Tutty Tran, Tobias van Dieken, Pit Bukowsk, Sky du Mont, Akeem van Flodrop, Merlin Sandmeyer, und andere
Regie: Michael »Bully« Herbig
Drehbuch: Michael Herbig, Christian Tramitz, Rick Kavanian,
Produzenten: Michael Herbig, Oliver Berben
Kamera: Armin Golisano
Schnitt: Alexander Dittner
Musik: Ralf Wengenmayr
Art Direction: Ralf Schreck
Casting: Daniela Tolkien
89 Minuten
Deutschland 2025
Promofotos Copyright Constantin Film