»Ich werde Pilot. Der Beste in der Galaxis.«: SOLO – A STAR WARS STORY

nahe­zu 100% spoilerfrei

Der zwei­te Film nach ROGUE ONE »außer der Rei­he«, also jen­seits der Sky­wal­ker-Saga, dreht sich um eine der belieb­tes­ten Figu­ren aus dem STAR WARS-Uni­ver­sum über­haupt, wenn es nicht sogar die belieb­tes­te ist: Han Solo, den Schur­ken mit dem Her­zen aus Gold.

Doch eben weil die­se Figur so beliebt ist, und der zen­tra­le Punkt dafür sicher­lich des­sen Dar­stel­lung durch den Schau­spie­ler Har­ri­son Ford war, reg­ten sich im Vor­feld bei vie­len Zwei­fel, ob gera­de die­se Figur in SOLO – A STAR WARS STORY ein­fach so von jemand ande­rem dar­ge­stellt wer­den kann. Zudem Alden Ehren­reich zwar vom Typ her ähn­lich ist, aber eben nicht wie der jun­ge Ford aussieht.

Doch tat­säch­lich ist die­se Sor­ge unbe­grün­det. Ehren­reich ist kei­ne 1:1‑Kopie von Ford und das woll­ten die Macher eben­so wenig wie der Mime. Trotz­dem ist es dem Schau­spie­ler gelun­gen den Geist des Cha­rak­ters ein­zu­fan­gen und auch gewis­se Ges­ti­ken und Mimi­ken sind eben nicht iden­tisch aber so nah am Ori­gi­nal, dass man das erfreut akzep­tiert. Und: Na sicher: ein paar Din­ge sind ganz genau­so wie sie von Ford in Sze­ne gesetzt wur­den, und wie der Vor­gän­ger hat Ehren­reich oft die­sen gewis­sen Schalk im Blick, einer der zen­trals­ten Punk­te, war­um der Film funk­tio­niert. Der Schau­spie­ler hat­te sich im Vor­feld bei manch einem (Fan) unbe­liebt gemacht, als er sag­te »ich spie­le Han Solo, nicht Har­ri­son Ford«, aber tat­säch­lich ist die­ser Ansatz natür­lich genau der rich­ti­ge, denn so ver­klei­nern sich die Fußstapfen.

Wenn man für SOLO – A STAR WARS STORY ins Kino geht, dann soll­te man sich dar­auf vor­be­rei­ten, dass hier ganz, ganz viel Fan­ser­vice zele­briert wird. Aber bei die­sem The­ma war ernst­haft nichts ande­res zu erwar­ten, jeg­li­che deut­lich abwei­chen­de Annä­he­rung hät­te mich (ich war zwölf Jah­re alt, als ich A NEW HOPE 1978 im Kino sah) und ver­mut­lich jede Men­ge ande­re Fans nur vor den Kopf gesto­ßen. Und sogar »Han shot first« wird abge­fei­ert, aller­dings in einer dann doch äußerst ambi­va­len­ten Szene.

Alt­fans, die dem Expan­ded Uni­ver­se nach­trau­ern, wer­den ver­mut­lich unzu­frie­den mit SOLO sein, denn von der Sto­ry aus A. C. Cris­pins Roman­tri­lo­gie ist nicht viel geblie­ben, außer dem, was man ohne­hin bereits wuss­te: Han Solo wuchs als Wai­se und kri­mi­nel­les Stra­ßen­kind auf Corel­lia auf, war beim Impe­ri­um (wegen Wider­bors­tig­keit aus der Aka­de­mie geflo­gen und bei der Infan­te­rie gelan­det), und hat Chew­bac­ca befreit (was man auch gezeigt bekommt und was ziem­lich wit­zig ist). Ansons­ten unter­schei­det sich der Film aber grund­le­gend vom bis­her Bekann­ten – und das ist auch gut so.

Der Fan wird in SOLO jede Men­ge klei­ne, lie­be­vol­le Details ent­de­cken, die ihn rund machen, die ver­mö­gen glaub­wür­dig und nicht zu über­trie­ben zu erzäh­len, dass die­ser Cha­rak­ter eine Vor­ge­schich­te hat­te und dass gewis­se Din­ge die man an ihm kennt und liebt irgend­wo her gekom­men sind. Und wei­ter­hin kann SOLO tat­säch­lich mit zahl­lo­sen ganz neu­en Details um die Figur punk­ten, die man so viel­leicht nicht ange­nom­men hät­te, die aber trotz­dem pas­sen. Bei­spiels­wei­se (Mini-Spoi­ler): Dass Han Solos Vater an den YT-1300-Frach­tern arbei­te­te. Der Fan ist entzückt.

Mal von der Dar­stel­lung der Haupt­fi­gur durch Alden Ehren­reich abge­se­hen, sind auch die ande­ren Beset­zun­gen gelun­gen, in ers­ter Linie ist hier Donald Glover als Lan­do Cal­ris­si­an zu nen­nen, der eine Per­for­mance hin­legt, auf die Bil­ly Dee Wil­liams stolz sein kann. Am wei­te­ren Sup­por­ting Cast ist wenig aus­zu­set­zen. Emi­lia Clar­ke spielt Solos Freun­din Qi’­Ra mit über­ra­schen­den Facet­ten, die man so nicht erwar­tet hät­te und die­se Figur ist auch für ein völ­lig über­ra­schen­des Cameo ver­ant­wort­lich, so dass man sich beru­higt zurück­lehnt, weil Ehren­reich im Inter­view zuge­ge­ben hat, dass es eine Tri­lo­gie wer­den wird. Clar­ke scheint auf den ers­ten Blick zwi­schen den Alpha­männ­chen Har­rel­son und Ehren­reich ein wenig unter­zu­ge­hen, aber tat­säch­lich spielt sie ihre Neben­rol­le mit Bra­vour und durch­aus nicht neben­säch­lich, wenn man einen Blick für Details hat – am Ende ist sie für eine äußerst über­ra­schen­de Wen­dung ver­ant­wort­lich und man darf anneh­men, dass ihre Rol­le grö­ßer wer­den wird.

Über­haupt haben die Figu­ren in SOLO eine Men­ge Facet­ten (ich sag nur Woo­dy Har­rel­son als Beckett und des­sen selbst­er­fül­len­der Pro­phe­zei­hung: »Traue nie­man­dem!«) und sind erfreu­li­cher­wei­se sehr viel­schich­tig ange­legt, was man viel­leicht bei einem sol­chen Aben­teu­er­film (und exakt dar­um han­delt es sich) nicht erwar­tet hät­te. Auch Neben­fi­gu­ren wie der viel­ar­mi­ge Rio Durant oder die vor­lau­te »Dro­iden­rechts­ak­ti­vis­tin« L3-37 wach­sen einem schnell ans Herzen.
Etwas zwie­späl­ti­ger bin ich beim Ober­bö­se­wicht Dry­den Vos, dar­ge­stellt von Paul Bet­t­a­ny, der für mich irgend­wie fehl­plat­ziert wirk­te, irgend­wann hat­te ich erwar­tet, dass er gleich eine wei­ße Kat­ze strei­chelt … Jeden­falls war die Figur für einen der gro­ßen Gan­glea­der im STAR WARS-Uni­ver­sum ein wenig … farb­los und unexotisch.

Der zen­tra­le Punkt ist aber weder die erwart­ba­re Exo­tik, sind nicht die Action­sze­nen, sind nicht die typi­schen Welt­raum­se­quen­zen. Der zen­tra­le Punkt ist die Inter­ak­ti­on, die Bezie­hun­gen und die glaub­wür­di­ge und nach­voll­zieh­ba­re Che­mie zwi­schen den Figu­ren, die die Macher in die­sem Film ganz gran­di­os  hin­be­kom­men haben, und die an die ur-Tri­lo­gie erinnert.

Ist SOLO STAR WARS? Aber ganz sicher ist er das, er atmet das Uni­ver­sum und das Fee­ling aus jeder Pore (aber wie bei ROGUE ONE eben ohne Fokus auf Macht-Nut­zer) und ich als Alt­fan kann nur damit zufrie­den sein, spä­tes­tens beim Kes­sel Run – mit Musik­ein­spie­lern aus Wil­liams’ Score der ers­ten Tri­lo­gie – kam Gän­se­haut auf.

Dabei ist der Film durch­aus nicht per­fekt. Bis zum Kes­sel Run ver­su­chen sie eine Men­ge Sto­ry, Hand­lung, Inter­ak­ti­on und … Din­ge in wenig Zeit zu ste­cken, so dass der Anfang stel­len­wei­se eine wenig zer­fa­sert wirkt. Aber spä­tes­tens ab Kes­sel ver­gisst man die klei­nen Schwä­chen des Starts wie­der (und: Ja, wie bei jedem Film gibt es gewis­se Logik­lö­cher für Klug­schei­ßer). Man kann sich jetzt natür­lich fra­gen, ob die­se Ver­bes­se­rung mit­ten im Film an der Regie-Über­nah­me durch Rou­ti­nier Ron Howard gele­gen haben könnte …

Auch hier muss ich aller­dings lei­der wie­der Kri­tik an der Syn­chro üben. Oder halt. Fan­gen wir erst­mal mit dem posi­ti­ven Aspekt der deut­schen Fas­sung an: Han Solo wird von Flo­ri­an Cly­de spro­chen und der erin­nert im Duk­tus und in der Stimm­fär­bung tat­säch­lich ein wenig an die Art und Wei­se wie Wolf­gang Pam­pel Ford gespro­chen hat.
Doch beim Rest der Über­set­zung muss man sich fra­gen war­um man immer noch Über­set­zungs­feh­ler aus den 1970ern mit sich rum­schleppt und die nicht end­lich mal kor­ri­giert. Das fra­gen sich fünf von fünf Gewürz­schürfern auf Kes­sel. Was ist so schlecht an Spi­ce? Und war­um, zum Teu­fel, redet man kor­rekt über den … äh … Gewürz-Pla­ne­ten Kes­sel, nennt den Kes­sel-Run dann aber wie 1977 »Kos­sal-Flug«? Wenn da jemand Kon­ti­nui­tät durch Bei­be­hal­tung von Feh­lern her­stel­len möch­te, hal­te ich das für schwer dane­ben. Ich freue mich auf die eng­li­sche Version.

SOLO – A STAR WARS STORY ist also lupen­rei­nes STAR WARS mit Ein­schlä­gen von Come­dy (reich­lich), Raub­über­fall-Fil­men und Wild West im Welt­raum, mit zahl­lo­sen Ver­nei­gun­gen an »frü­her«, ohne dadurch unei­gen­stän­dig zu wer­den, und trotz oder gera­de wegen des ver­meint­lich bekann­ten The­mas mit etli­chen äußerst über­ra­schen­den Wen­dun­gen. Also genau das, was zumin­dest ich sehen möchte.

Wegen leich­ter Schwä­chen im ers­ten Teil des Films muss ich lei­der eine Coaxi­um-Bud­del abzie­hen und ver­ge­be neun von zehn. Ich bin schon sehr gespannt, wie das im zwei­ten Teil wei­ter geht. Denn dar­über muss man sich im Kla­ren sein: Es geht wei­ter und das Ende könn­te der ein oder ande­re des­we­gen ein wenig unbe­frie­di­gend finden.

Lucas­Film und Dis­ney set­zen ihre Rei­he von äußerst sehens­wer­ten Fil­men nach THE FORCE AWAKENS, ROGUE ONE und THE LAST JEDI wei­ter fort, und man fragt sich, ob die über­haupt schlech­te Fil­me machen kön­nen … (wobei die übli­chen Hater ver­mut­lich was ande­res haten wer­den, aber wen inter­es­sie­ren die schon …)

Ach ja: Cthul­hu spielt auch mit …

p.s.: Falls es kein PR-Bla­bla sein soll­te. waren Har­ri­son Ford und Bil­ly Dee Wil­liams von SOLO – A STAR WARS STORY begeistert.

SOLO A STAR WARS STORY
Beset­zung: Alden Ehren­reichJoo­nas Suo­ta­moWoo­dy Har­rel­sonEmi­lia Clar­keDonald GloverThan­die New­tonPhoe­be Wal­ler-BridgePaul Bet­t­a­nyJon Fav­reauLin­da HuntIan Ken­nyWar­wick Davis u.v.a.m.
Regie: Ron Howard
Dreh­buch: Jona­than Kas­dan und Law­rence Kas­dan, basie­rend auf Cha­rak­te­ren von Geor­ge Lucas
Pro­du­zen­ten: Kath­le­en Ken­ne­dyAlli­son She­ar­murSimon Ema­nu­el
Aus­füh­ren­de Pro­du­zen­ten: Law­rence Kas­danPhil LordJason D. McGat­linChris­to­pher Mil­ler,
Kame­ra: Brad­ford Young
Schnitt: Pie­tro Scalia
Musik: John Powell
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Neil Lamont
Cas­ting: Nico­le Abel­le­raJean­ne McCar­thyNina Gold
135 Minuten
USA 2018

Pro­mo­fo­tos und Pos­ter Copy­right Lucas­Film und Walt Dis­ney Pictures

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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