Börsenverein und Buchpreisbindung für Selfpublisher: es wird kafkaesk …

Das The­ma »gilt die Buch­preis­bin­dung für Self­pu­blis­her?« hat­ten wir ja hier und anders­wo im Web in den letz­ten Tagen bereits des Öfte­ren (z.B. auch auf literaturcafe.de). Die letz­te Aus­sa­ge aus der Rechts­ab­tei­lung des Bör­sen­ver­eins mir gegen­über – die auf mei­ne Anfra­ge hin gemacht wur­de, nach­dem im Stan­dard­werk »Kom­men­tar zum Buch­preis­bin­dungs­ge­setz« stand, dass die­se nicht für Self­pu­blis­her gilt – lau­te­te erst am ver­gan­ge­nen Frei­tag wie folgt (Aus­zug):

Bis­lang wa­ren Bü­cher aus Selbst­ver­la­gen nicht preis­ge­bun­den, weil Sie (sic!) im Buch­han­del kei­ne Rol­le spiel­ten und da­her nicht »buch­han­dels­ty­pisch« wa­ren. Nun er­le­ben wir ge­rade, dass bei E‑Books vie­le »Selbst­ver­le­ger« mit Ih­ren (sic!) Bü­chern bei Ama­zon, Apple und ähn­li­chen Platt­for­men nicht un­er­heb­li­che Ver­kaufs­zah­len ge­ne­rie­ren. Da­mit ändert sich wohl ge­rade auch die Ant­wort auf die Fra­ge der Buch­han­dels­ty­pi­zi­tät. Die Preis­bin­dungs­treu­hän­der stre­ben da­her vor­aus­schau­end eine Re­ge­lung an, wo­nach Selbst­ver­le­ger, die ihre E‑Books über In­ter­net– Groß­buch­händ­ler an­bie­ten, die Prei­se ein­heit­lich fest­le­gen müssen.

Die SF-Autorin Myra Çakan hat nun ges­tern in ähn­li­cher Cau­sa beim Bör­sen­ver­ein nach­ge­fragt und eine anders lau­ten­de Aus­kunft bekom­men, die sie in ihrem Blog wie­der­gibt:

Dazu sagt die Rechts­ab­tei­lung des Bör­sen­ver­eins, dass es sich hier­bei um eine Regel han­delt, die aus der Zeit von vor KDP etc… stammt. Wer sei­ne Bücher einer gro­ßen Käu­fer­schicht zur Ver­fü­gung stellt, also sei­ne Titel über Ama­zon und ande­re Platt­for­men ver­treibt, ist ver­le­ge­risch tätig.

Ja was denn nun? Mir gegen­über wird ein­deu­tig aus­ge­sagt, dass »man eine Rege­lung anstrebt«, das impli­ziert, dass es der­zeit kei­ne gibt – es sei denn, man hät­te seit Frei­tag mal schnell eine erfun­den und vor allem imple­men­tiert, was ich nicht glau­be. Dann erneut der Hin­weis auf KDP. Zum einen inter­es­sant, dass das auf ein­mal eine Kon­kur­renz dar­stel­len soll, über die maß­geb­li­che Umsät­ze gene­riert wer­den. War denn nicht gera­de noch die Aus­sa­ge, dass das eBook-Geschäft unter »fer­ner lie­fen« anzu­sie­deln ist und nur einen ver­schwin­dend gerin­gen Bruch­teil des Buch­mar­kes aus­macht? Wer­den die Self­pu­blis­her nicht laut Pres­se­mel­dun­gen aus der Bran­che nach wie vor als qua­li­täts­ar­me Rand­er­schei­nun­gen ohne Belang für den Markt belächelt?

Und auf der ande­ren Sei­te sol­len die plötz­lich via KDP und Co. »nicht uner­heb­li­che« Umsät­ze gene­rie­ren? Man möge mir  ver­zei­hen, wenn ich nur eins davon glau­ben kann. Was stimmt denn nun? Hosen run­ter, Bör­sen­ver­ein: sind Self­pu­blis­her eine ernst­zu­neh­men­de Kon­kur­renz, oder sind sie es nicht?

Zudem ist die Argu­men­ta­ti­on mit den soge­nann­ten »gro­ßen« Online-Platt­for­men nicht schlüs­sig. Das wür­de bei die­ser Aus­le­gung in Kon­se­quenz bedeu­ten, dass das Buch­preis­bin­dungs­ge­setz für Self­pu­blis­her gilt, die ihre eBooks über Ama­zon und viel­leicht noch Kobo ver­kau­fen, wenn sie einen eige­nen Shop auf ihrer Web­sei­te haben (was pro­blem­los mög­lich und qua­si in Minu­ten ein­zu­rich­ten ist) jedoch nicht? Nicht ernst­haft, oder?

Um es ganz deut­lich zu sagen: der Bör­sen­ver­ein eiert hier in albern zu nen­nen­der Wei­se her­um und gibt unter­schied­li­chen Anfra­gern in gera­de­zu kaf­ka­es­ker Art ver­schie­de­ne, sich wider­spre­chen­de Ant­wor­ten. Wenn aber schon der Bör­sen­ver­ein kei­ne defi­ni­ti­ve Aus­sa­ge machen kann, wie soll dann der Selbst­ver­le­ger wis­sen, was Sache ist?

Erneut auf­ge­kocht ist das The­ma übri­gens, weil Mexx­Books soeben in Kopie der HUMBLE BUNDLES aus den USA hier­zu­lan­de ein »Ham­bel Ban­del« auf den Markt brin­gen will (an der Namen­s­o­ri­gi­na­li­tät soll­ten die aller­dings noch mal arbei­ten …). Dar­in befin­den sich sechs eBooks von Self­pu­blis­hern und man kann nach ame­ri­ka­ni­schem Vor­bild dafür bezah­len, was man möch­te. Auch die Ver­ant­wort­li­chen von Mexx­Books haben offen­bar mit der Rechts­ab­tei­lung des Bör­sen­ver­eins gespro­chen und kei­ne zufrie­den­stel­len­de Ant­wort bekom­men. Es könn­te also sein, dass das jetzt end­lich der Prä­ze­denz­fall ein­tre­ten wird, der klä­ren kann, was Sache ist – näm­lich dann, wenn die­sel­be Treu­hän­der­kanz­lei, aus deren Rei­hen die oben genann­te Aus­sa­ge im Buch­PrG-Kom­men­tar-Buch kommt, dass die­ses nicht für Self­pu­blis­her gilt, Mexx­Books abmah­nen wird.

Es bleibt span­nend, aller­dings kann die Rei­se durch die Instan­zen Jah­re dau­ern … Bis dahin soll­ten Self­pu­blis­her vor­sich­tig sein, denn hau­fen­wei­se Abmahn-Abzo­cker sind bekann­ter­ma­ßen schnell bei der Hand und ver­die­nen sich gern eine gol­de­nen Nase.

Creative Commons License

Bild »eBook-Para­graph«, von mir, CC BY-NC-SA

Buchpreisbindung für Selfpublisher – revisited

Ans­gar War­ner hat ges­tern auf e‑book-news.de auf eine inter­es­san­te Tat­sa­che hin­ge­wie­sen: laut einer Aus­sa­ge im Stan­dard­werk Buch­preis­bin­dungs­ge­setz: Die Preis­bin­dung des Buch­han­dels (Ver­lag C. H. Beck, Autoren: Fran­zen, Wal­len­fels, Russ, ISBN 978–3406611902) gilt das Buch­preis­bin­dungs­ge­setz nicht für Selfpublisher.

Das stand in kras­sem Wider­spruch zu einer Aus­sa­ge des Jus­ti­ziars des Bör­sen­ver­eins, die ich im Janu­ar die­sen Jah­res erhal­ten hat­te. Des­we­gen frag­te ich noch­mal bei der Rechts­ab­tei­lung des Bör­sen­ver­eins nach und erhielt vom Jus­ti­zi­ar Dr. Chris­ti­an Sprang sehr kurz­fris­tig eine Ant­wort. Hier­für möch­te ich mich bedan­ken. Nach­fol­gend die Stellungnahme:

Sowohl der Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels als auch Prof. Dr. Chris­ti­an Russ, unser Preis­bin­dungs­treu­hän­der von der Kanz­lei Fuhr­mann Wal­len­fels, erklä­ren dazu Folgendes:

Bis­lang waren Bücher aus Selbst­ver­la­gen nicht preis­ge­bun­den, weil Sie (sic!) im Buch­han­del kei­ne Rol­le spiel­ten und daher nicht »buch­han­dels­ty­pisch« waren. Nun erle­ben wir gera­de, dass bei E‑Books vie­le »Selbst­ver­le­ger« mit Ihren (sic!) Büchern bei Ama­zon, Apple und ähn­li­chen Platt­for­men nicht uner­heb­li­che Ver­kaufs­zah­len gene­rie­ren. Damit ändert sich wohl gera­de auch die Ant­wort auf die Fra­ge der Buch­han­dels­ty­pi­zi­tät. Die Preis­bin­dungs­treu­hän­der stre­ben daher vor­aus­schau­end eine Rege­lung an, wonach Selbst­ver­le­ger, die ihre E‑Books über Inter­net- Groß­buch­händ­ler anbie­ten, die Prei­se ein­heit­lich fest­le­gen müs­sen. Anders Print­ver­le­ger, die in klei­ner Stück­zahl ihre Pri­vat­dru­cke unter die Leu­te bringen.

Aha. :) Man darf davon aus­ge­hen, dass es in die­ser Sache gera­de eini­ge »Kom­mu­ni­ka­ti­on hin­ter den Kulis­sen« gege­ben haben dürf­te, um es mal vor­sich­tig aus­zu­drü­cken. Die For­mu­lie­run­gen »bis­her« und »ändert sich wohl gera­de« deu­ten aller­dings dar­auf hin, dass damit die pau­scha­le Aus­sa­ge aus dem Janu­ar, dass Selbst­ver­le­ger auf alle Fäl­le der Buch­preis­bin­dung unter­lie­gen, in die­ser Aus­schließ­lich­keit (nicht nur) zum dama­li­gen Zeit­punkt nicht ganz kor­rekt gewe­sen sein dürf­te. Auch der Hin­weis, dass man »eine Rege­lung für Self­pu­blis­her anstrebt«, weist dar­auf hin, dass es sei­tens der Treu­hän­der der­zeit eben noch kei­ne kon­kre­te Rege­lung gibt.

Hoch­in­ter­es­sant aus mei­ner Sicht zudem, dass jetzt auf ein­mal die Fra­ge nach einer Gel­tung des Buch­PrG für Self­pu­blis­her an Absatz­zah­len fest­ge­macht wird, anstatt am Buch­for­mat. Was denn nun?

Rechts­si­cher­heit für Selbst­ver­le­ger stellt das alles nicht gera­de her.

Creative Commons License

Bild: »eBook-Para­graph« von mir, CC BY-NC-SA