FantasyFilmFest 2013: SWEETWATER und COTTAGE COUNTRY

Poster FFF2013

SWEETWATER a.k.a. SWEET VENGEANCE – vor­erst nur in USA und Groß­bri­tan­ni­en auf DVD

Mit SWEETWATER gibt es end­lich wie­der ein­mal einen Wes­tern, der einen ande­ren Blick auf das Gen­re zulässt. Nun sind Rache­ge­schich­ten im Wil­den Wes­ten wahr­lich nichts sel­te­nes. East­woods UNFORGIVEN ist eines von vie­len Bei­spie­len, oder noch aktu­el­ler, Coens Neu­ver­fil­mung von TRUE GRIT. Logan Mil­ler hat bei sei­nem zwei­ten Film ohne sei­nen Bru­der Noah auf dem Regie­stuhl geses­sen, dafür haben sie wie­der zusam­men das Buch, nach einer Geschich­te von Andrew McKen­zie, geschrie­ben. Her­aus­ge­kom­men ist ein gerad­li­ni­ger Thril­ler, der das Gen­re genau stu­diert zu haben scheint. Ein biss­chen das Fee­ling von THERE WILL BE BLOOD, reich­lich Optik aus Ser­gio Leo­nes bes­ten Zei­ten, und ver­dreh­te Ein­fäl­le die aus eben erwähn­ten TRUE GRIT stam­men könn­ten. Der geis­tig nicht ganz auf der Höhe schei­nen­de She­riff Jack­son kommt ins Ter­ri­to­ri­um von New Mexi­co, um den reli­giö­sen Fana­ti­ker Pro­phet Josiah auf­zu­spü­ren. Zur glei­chen Zeit tötet Josiah den Mann der ehe­ma­li­gen Pro­sti­tu­ier­ten Sarah. Anfangs ist Sarah über das plötz­li­che Ver­schwin­den ihres Gat­ten etwas blau­äu­gig. Doch She­riff Jack­sons unkon­ven­tio­nel­le Ermitt­lungs­me­tho­den und Pro­phet Josiahs auf­dring­li­che Avan­cen las­sen Sarah lang­sam erah­nen, dass sie nicht mit der Rück­kehr ihres Man­nes rech­nen soll­te. Und jemand muss dafür zur Rechen­schaft gezo­gen werden.

SWEETWATER ist nicht nur wegen Janu­a­ry Jones ein ech­ter Blick­fang. Sei­ne epi­schen Land­schaft­sto­ta­len machen das Land zu einem erwei­te­ren Cha­rak­ter in der Erzäh­lung. Wie Brad Shield die Dar­stel­ler in die­se kar­ge Welt ein­bin­det und gegen­ein­an­der stellt, macht aus dem Film eine weit inten­si­ve­ren Erfah­rung, als man zuerst ver­mu­ten könn­te. Zwar insze­niert Logan Mil­ler in einem unge­wöhn­li­chen Tem­po, wel­ches man durch­aus als lang­sam bezeich­nen kann, aber dadurch einen fal­schen Ein­druck gewin­nen wür­de. Mil­ler nimmt sich Zeit für sei­ne Figu­ren. Gera­de bei Sarah, die nach und nach begreift, dass der Tod ihres Man­nes nicht ein­fach die Tat einer Per­son war, son­dern durch ein Zusam­men­spiel von irre­ge­lei­ten­den gesell­schaft­li­chen Kon­ven­tio­nen, selbst­ge­fäl­li­ge Män­ner­phan­ta­sien, und fest­ge­fah­re­ne Macht­struk­tu­ren zu ver­ant­wor­ten ist. Jones spielt Sarah mit stoi­scher Ruhe, der man den­noch anmerkt, wie sie dage­gen ankämpft, nicht an die­ser unge­rech­ten Welt zu ver­zwei­feln. Jason Isaacs ist ein­fach der per­fek­te Fana­ti­ker, der mit viel Cha­ris­ma sei­ne Umwelt für sich ein­zu­neh­men ver­steht, aber auch sehr schnell sei­nen Glau­ben an Gott mit töd­li­cher Kon­se­quenz aus­lebt. Doch weit über allen steht Ed Har­ris als unzu­rech­nungs­fä­hi­ger She­riff, der mit bra­chia­ler Ent­schlos­sen­heit sei­ne Ermitt­lun­gen durch­führt, und ger­ne auch ein­mal auf der Stra­ße mit sich selbst Wal­zer tanzt. Har­ris’ Dar­stel­lung ist eine der abson­der­lichs­ten Figu­ren im aktu­el­len Kino, aber span­nend, wit­zig und über­ra­schend zugleich.

SWEETWATER ist ein Wes­tern der dem Gen­re tat­säch­lich wie­der ein­mal fri­sche Facet­ten ver­leiht. Und wenn Sarah mit reich­lich Muni­ti­on ihren Weg beginnt, dann dürf­te so manch absur­der Tod für hel­le Begeis­te­rung sor­gen. Selbst mit nur 95 Minu­ten Lauf­zeit ist SWEETWATER gewöh­nungs­be­dürf­tig gemäch­lich insze­niert, fas­zi­niert aber durch sei­ne gelun­ge­ne Varia­ti­on von Ver­satz­stü­cken, ohne dass die­se bemüht oder abge­dro­schen wir­ken. Trotz­dem, oder viel­leicht gera­de des­we­gen, hat Logan Mil­ler einen sehr ein­neh­men­den und vor allem eigen­stän­di­gen Film insze­niert. Ver­traut klas­sisch und über­ra­schend modern glei­cher­ma­ßen. Ein ech­ter Blick­fang, nicht nur wegen Janu­a­ry Jones.

COTTAGE COUNTRY – bis­her kein Ver­leih und in kei­nem Land auf DVD

Todd Chip­ow­ski ist einer jener Ver­lie­rer, die tap­fer ihren Weg durchs Leben gehen, ohne beson­ders auf­zu­fal­len. Es sei denn, uner­war­te­te Ereig­nis­se erfor­dern des Ver­lie­rers eigen­stän­di­ges Han­deln. Sei­ne zukünf­ti­ge Braut Cam­mie ist da ganz ande­rer Natur. Lan­ge hat sie auf einen Hei­rats­an­trag gewar­tet, und als die­ser in der Abge­schie­den­heit des elter­li­chen Haus am See bevor­steht, lässt sie nichts zwi­schen den Ring und das roman­ti­sche Ambi­en­te kom­men. Nur Todds sozio­pa­thi­scher Bru­der Salin­ger igno­riert jeden Hin­weis auf noch so offen­sicht­li­chem Wunsch nach Pri­vat­sphä­re, so dass sein unan­ge­kün­dig­ter Besuch mit einem über­ra­schen­den Wan­del in Todds sonst so zurück­hal­ten­den Ver­hal­ten endet. Doch der bru­ta­le Tod des ohne­hin ver­hass­ten Bru­ders ist erst der Anfang einer Rei­he von ver­häng­nis­vol­len Ver­stri­ckun­gen, die mehr und mehr Tode for­dern. Denn Cam­mie will den Ring, und unan­ge­neh­me Per­so­nen sol­len dabei kein Hin­der­nis sein.

COTTAGE COUNTRY ist zuerst einer die­ser Fil­me, die durch einen all­zu däm­li­chen und unselbst­stän­di­gen Cha­rak­ter sehr unan­ge­nehm wir­ken. Unfä­hi­ge Cha­rak­ter wie Todd Chip­ow­ski for­dern es immer her­aus, das der Zuschau­er nicht Sym­pa­thie, son­dern Wut emp­fin­den wird. Die Unfä­hig­keit Todds, sich gegen­über ande­ren Men­schen durch­zu­set­zen, macht wütend, weil es nicht ehr­lich ist, son­dern der ein­fa­chen Prä­mis­se des Films dient. Trotz aller ver­rück­ten Details, durch die ein Film wie COTTAGE COUNTRY lebt, soll­te der Wert eines glaub­wür­di­gen Cha­rak­ters nicht unter­schätzt wer­den. Und Todd Chip­owk­si hat alle Cha­rak­ter­zü­ge, die gegen jede Art von Glaub­wür­dig­keit spre­chen. Tyler Labi­ne spielt Todd genau so, dass er kei­ne Sym­pa­thien erweckt, son­dern nur Ohr­fei­gen her­aus­for­dert. Das eine Frau wie Cam­mie Inter­es­se für einen Kerl wie ihn hegt, mutet sehr unver­ständ­lich an. Dafür zeigt sich Malin Aker­man, als zukünf­ti­ge Braut, von ihrer wan­del­bars­ten Sei­te. Mit über­ra­schen­der Offen­heit will sie den Ring ihres Gelieb­ten haben, und dafür ist sie bereit viel wei­ter zu gehen, als ihr mor­den­der Ver­lob­ter. Aker­man trägt den Film, mit ihrem locke­ren Spiel und einer sehr bösen Ein­stel­lung. Ihre Cam­mie sorgt für stim­mungs­vol­le Sze­nen, wel­che dem Kern der Geschich­te gerecht werden.

COTTAGE COUNTRY zeigt sehr viel Ambi­tio­nen, ein Schlacht­fest an guter Lau­ne zu sein. Aller­dings ver­gisst die Regie unter Peter Wel­ling­ton, dass Timing bei Komö­di­en ein not­wen­di­ges Instru­ment von Erfolg dar­stellt. COTTAGE COUNTRY zeigt sehr schö­ne Sze­nen mit hohem Blut­ge­halt und skur­ri­len Sze­nen­ab­fol­gen. Aller­dings nimmt sich COTTAGE COUNTRY für sei­ne Cha­rak­te­re all­zu viel Zeit, obwohl bei denen kei­ne Ent­wick­lung mehr statt­fin­det. Um dem eigent­li­chen Anspruch von los­ge­lös­tem Wahn­sinn gerecht zu wer­den, hät­te Buch und Regie die Geschich­te straf­fer umset­zen, oder zumin­dest zwei, drei Mor­de mehr ein­bau­en müs­sen. Zwi­schen die­sen skur­ri­len Höhe­punk­ten ver­geht dann auch immer wie­der sehr viel Zeit, in der die Insze­nie­rung Stre­cke mit Hand­lung und Figu­ren machen will, wo eigent­lich ein schnel­le­res Tem­po ange­bracht gewe­sen wäre. Timing bleibt eben der Schlüs­sel zu einer erfolg­rei­chen Komödie.

Sweetwater

SWEETWATER
M / 01 SEP / 19.15 UHR / CINEMA
S / 31 AUG / 19.15 UHR / METROPOL
F / 06 SEPT / 19.15 UHR / METROPOLIS
K / 08 SEPT / 19.30 UHR / CINEDOM
N / 07 SEPT / 19.15 UHR / CINECITTA

Dar­stel­ler: Janu­a­ry Jones, Ed Har­ris, Jason Isaacs, Edu­ar­do Norie­ga, Ste­phen Root, Jason Alde­an, Vic Brow­der Luce Rains, Dyl­an Ken­in  u.a.
Regie: Logan Miller
Dreh­buch: Logan Mil­ler, Noah Mil­ler, Andrew McKenzie
Kame­ra: Brad Shield
Bild­schnitt: Robert Dalva
Musik: Mar­tin Davich
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Wal­de­mar Kalinowski
zir­ka 95 Minuten
USA 2013

 

 

Cottage Country

COTTAGE COUNTRY
M / 04 SEP / 21.00 UHR / CINEMA
S / 03 SEPT / 19.15 UHR / METROPOL
F / 10 SEPT / 21.30 UHR / METROPOLIS
K / 11 SEPT / 21.30 UHR / CINEDOM
N / 11 SEPT / 19.15 UHR / CINECITTA

Dar­stel­ler: Tyler Labi­ne, Malin Aker­man, Lucy Punch, Dan Petro­ni­je­vic, Ben­ja­min Ayres, Ken­neth Welsh, Nan­cy Beat­ty u.v.a.
Regie: Peter Wellington
Dreh­buch: Jere­my Boxen
Kame­ra: Luc Montpellier
Bild­schnitt: Chris­to­pher Donaldson
Musik: Asher Lenz, Ste­phen Skratt
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Phil­ip Barker
zir­ka 91 Minuten
USA 2013

Pro­mo­fo­tos Copy­right Kick­start Pro­duc­tions / Mythic Inter­na­tio­nal Enter­tain­ment / Raindance Enter­tain­ment & Viva Pictures

AutorIn: Bandit

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