Buchhandel und Selfpublishing: Wer benachteiligt hier eigentlich wen?

wir müssen leider draußen bleiben

Kein Rant, aber wer gewis­se sati­ri­sche Anklän­ge fin­det, darf sie behalten.

Ich will den Namen nicht schon wie­der nen­nen, man ver­mu­tet in mir ob mei­ner regel­mä­ßig geäu­ßer­ten Kri­tik an der Buch­bran­che sei­tens der­sel­ben ohne­hin immer wie­der einen Cla­queur für einen gewis­sen Online­händ­ler, dabei ist das gänz­lich falsch. Mal sehen, ob ich es schaf­fe, die­sen Arti­kel zu schrei­ben, ohne den Namen des Ladens zu nut­zen. Die Buch­bran­che ist ja inzwi­schen so weit, dass ihn etli­che nicht mehr »Vol­de­mort« nen­nen, son­dern als »you shall not name him« bezeich­nen. Wie Har­ry Pot­ters Kon­sor­ten wer­den sie irgend­wann fest­stel­len, dass Igno­rie­ren das Pro­blem nicht löst. Aber dar­über woll­te ich eigent­lich – wie bereits ange­merkt – gar nicht reden.

Reden wir doch mal über ein bei­na­he mono­li­thi­sches Gebil­de wie die kar­tell­haf­te Buch­bran­che. War­um ein Teil davon, näm­lich das Ver­lags­kon­glo­me­rat in mei­nen Augen ein gesetz­lich lizen­sier­tes Kar­tell ist, habe ich an ande­rer Stel­le bereits aus­führ­lich ana­ly­siert. Die Kurz­fas­sung: Es gibt kei­nen ech­ten Wett­be­werb, weil man sich im ruhi­gen Gewis­sen zurück leh­nen kann, dass es die Buch­preis­bin­dung gibt, die eine nor­ma­le Ent­wick­lung von Prei­sen unmög­lich macht. Wenn man Per­so­nen fragt, die bereits seit Jah­ren durch die Bran­che indok­tri­niert wur­den, dann wird man immer wie­der man­tra­ar­tig zu hören bekom­men, dass eine Abschaf­fung der Buch­preis­bin­dung den Unter­gang des lite­ra­ri­schen Abend­lan­des bedeu­ten würde.

Oh Gott! Oh Gott! Wir wer­den alle störrr­ben! – Nicht!

Wie es sein kann, dass ande­re Kunst­for­men auch ohne eine Preis­bin­dung pri­ma und mäch­tig breit­ban­dig exis­tie­ren, dar­auf will mir nie jemand eine Ant­wort geben.Wie es sein kann, dass ande­re Kunst­for­men auch ohne eine Preis­bin­dung pri­ma und mäch­tig breit­ban­dig exis­tie­ren, dar­auf will mir nie jemand eine Ant­wort geben. Bei­spiel Musik: da gibt’s kei­ne Preis­bin­dung. Den­noch ist eine immense musi­ka­li­sche Viel­falt auch abseits des Main­streams der Con­tent­ma­fia Major Play­er der Bran­che gege­ben, weil dank Inter­net inzwi­schen jeder sei­ne Musik ver­öf­fent­li­chen und unter die Leu­te brin­gen kann, ohne auf die Musik­in­dus­trie ange­wie­sen zu sein (übri­gens auch mit der Hil­fe von A … Uh, jetzt hät­te ich fast was Fal­sches gesagt. Ich sag ein­fach mal: A…pple). Und mit den Self­pu­blis­hern pas­siert gera­de im Bereich Buch etwas ganz Ähn­li­ches, auch wenn die Bran­che das noch nicht so rich­tig gemerkt zu haben scheint. Aber die braucht halt immer etwas län­ger, weil sie, gebet­tet auf einem dicken, beque­men Kis­sen namens Buch­preis­bin­dung, eher gen Alt­va­ter Guten­berg schielt, denn gen Inter­net-Zukunft im . Anders ist es auch nicht zu erklä­ren, dass Bezos aus dem Gebüsch gesprun­gen kam (unge­fähr mit der Geschwin­dig­keit einer Schild­krö­te) und der Bran­che gar mäch­tig einen mit der Kun­den­freund­lich­keits-Keu­le über den Schä­del zog.

Weil sie dadurch ihre Mono­pol­stel­lung ver­liertWor­auf ich hin­aus möch­te: Eine Bran­che echauf­fiert sich über eine Mono­pol­stel­lung und die schie­re Markt­macht eines Anbie­ters. War­um tut sie das? Weil sie dadurch ihre Mono­pol­stel­lung ver­liert. Frü­her muss­te ein Autor vor Ver­la­gen zu Kreu­ze krie­chen und hof­fen, dass man ihn gnä­dig auf­nimmt, sei­nen Text durch die Müh­le dreht, um ein Drit­tel kürzt, schnell ein bil­li­ges Cover drauf­pappt und ihn dann mit Kru­men abspeist. War­um? Weil die Ver­la­ge ein Mono­pol auf das Ver­öf­fent­li­chen von Büchern hat­ten. Ja, sicher war das ein Mono­pol, es war logis­tisch und tech­nisch bedingt, weil nicht jeder zu Hau­se eine Druck­ma­schi­ne rum­ste­hen hat­te oder weil man das Zeug nicht in die Buch­lä­den bekam. Und weil sie sich um Prei­se kei­ne Sor­ge machen muss­ten. Ob es sich dabei um einen oder drölf Ver­la­ge han­delt, ist erst ein­mal irrele­vant, denn das Resul­tat bleibt dasselbe.

Neben der Tor­wäch­ter­funk­ti­on wur­de aber über Jahr­zehn­te, wenn nicht Jahr­hun­der­te, zudem eine Infra­struk­tur aus Ver­la­gen, Zwi­schen­händ­lern und Buch­händ­lern geschaf­fen, die zwar nicht so rich­tig intrans­pa­rent ist, die aber das Hin­ein­kom­men von uner­wünsch­ten Drit­ten äußerst schwie­rig macht.

Kugelschreiber

Was ich damit mei­ne? Ein­fach: Will man als Self­pu­blis­her, dass sei­ne Wer­ke in einer Buch­hand­lung käuf­lich erwerb­bar sind, dann braucht man zum einen eine ISBN (kost´ Geld) und zum ande­ren einen Ein­trag ins VLB (das bedeu­tet in sei­ner Lang­form »Ver­zeich­nis lie­fer­ba­rer Bücher«), und das kost´ so rich­tig Geld – und vor allem immer wie­der. War­um das so ist, weiß kei­ner. Gera­de beim VLB: Man trägt heu­te sei­ne Daten sogar selbst ein – und dafür wol­len die einen Hau­fen Koh­le sehen? War­um? Was viel­leicht zu prä-Inter­net-Zei­ten noch einen Sinn hat­te, weil ech­te, papier­ne Kata­lo­ge gedruckt wer­den muss­ten, ver­liert im Infor­ma­ti­ons­zeit­al­ter sei­nen Sinn kom­plett (außer viel­leicht, um ein paar alt­ein­ge­ses­se­ne Ses­sel­fur­zer am Leben zu erhal­ten, die das schon immer so gemacht haben). Ja, ich sehe ein, dass auch ein Online-VLB admi­nis­triert und gewar­tet wer­den muss – den­noch sind die Prei­se, um da hin­ein zu kom­men, in keins­ter Wei­se auch nur annä­hernd gerechtfertigt.

War­um muss man gro­tes­ke Sum­men für einen VLB-Ein­trag aus­ge­ben?Alex­an­der Ski­pis, der Chef des Bör­sen­ver­eins, lamen­tiert ob des Streits von A … äh … von Bezos´ Bauch­la­den mit Bon­nier ´rum und sagt doch tat­säch­lich, dass Autoren, die bei Ama­zon nicht gelis­tet sind, auch nicht exis­tie­ren. Ja, wer ist das denn schuld? Und die nächs­te Fra­ge: War­um ermög­licht es die Buch­bran­che den Self­pu­blis­hern nicht, auf der­art ein­fa­che, güns­ti­ge und abzock­freie Wei­se wie bei A … also ihr wisst schon bei wem … im ganz nor­ma­len Buch­han­del gekauft wer­den zu kön­nen? Na? War­um nicht? Ihr könn­tet dar­an mit­ver­die­nen? Kei­nen Bock auf Ver­die­nen? War­um muss man dann gro­tes­ke Sum­men für einen VLB-Ein­trag aus­ge­ben? Weil der Laden künst­lich am Leben gehal­ten wer­den muss? Oder weil man Self­pu­blis­her drau­ßen hal­ten möch­te? War­um kön­nen Buch­händ­ler die Bücher von Klein­ver­la­gen in die­sem ach so tol­len Kata­log nicht finden?

Es geht hier nicht um den nied­li­chen Klein­ver­lag von neben­anIst das nicht noch eine viel grö­ße­re Dis­kri­mi­nie­rung als jene, die (ich sags jetzt ein­fach) Ama­zon betreibt, indem sie mal ein paar Bücher ver­zö­gert aus­lie­fern, weil sie im Clinch mit einem mul­ti­na­tio­nal agie­ren­den Groß­kon­zern wie Bon­nier lie­gen? Es geht hier nicht um den nied­li­chen Klein­ver­lag von neben­an, ich wie­der­ho­le mich: auch Bon­nier ist ein inter­na­tio­nal agie­ren­der Kon­zern. Wer auch nur ansatz­wei­se der Pro­pa­gan­da glaubt, es gin­ge hier um Leser, oder gar Autoren, der hat gigan­tisch einen an der Waf­fel. Es geht um Koh­le für Bon­nier, von mir aus auch Hachet­te oder eben für Amazon.

Doch zurück zum Indie-Publishing:

War­um sind so ziem­lich alle Self­pu­blis­her bei Ama­zon (jetzt ist eh alles ver­lo­ren, egal, dann kann ich den Namen ja ein­fach wei­ter ver­wen­den)? Weil Ama­zon es den Nut­zern so unge­heu­er ein­fach macht. Word-Datei hoch­la­den, fer­tig ist das eBook, kur­ze Zeit spä­ter kann es erwor­ben wer­den. Print­buch? Zwei PDFs hoch­la­den (Inhalt und Cover), Stun­den spä­ter kann es gekauft wer­den. Beson­ders inter­es­sant dar­an: dabei räumt sich Ama­zon im Gegen­satz zu den deut­schen Anbie­tern (die so ziem­lich alle an einem nam­haf­ten Ver­lag oder einer Ver­lags­grup­pe hän­gen) kei­ne dreis­ten und umfang­rei­chen Rech­te an den Büchern ein.

Do Not Enter

Wo ist das Gegen­an­ge­bot der Buch­bran­che? Klar, dass den Ver­la­gen die Kon­kur­renz aus dem Indie-Lager nicht passt, kann man ver­ste­hen. Eben­so, dass sie des­we­gen über­haupt kein Inter­es­se dar­an haben, die­sen Ama­teu­ren auch noch Vor­schub zu leis­ten (ver­die­nen möch­ten sie den­noch dran, anders ist die mehr oder weni­ger ver­deck­te Akti­vi­tät man­cher Ver­lags­häu­ser im Self­pu­blis­hung-Bereich kaum zu erklären).
Aber: War­um hat der Buch­han­del kein Inter­es­se dar­an, Bücher von Self­pu­blis­hern zu ver­kau­fen? Brin­gen die kein Geld? Doch, wür­den sie, aber tat­säch­lich kann man in einer Buch­hand­lung in den aller­meis­ten Fäl­len kei­ne Indie-Bücher bekommen.

War­um?

Da sind wir wie­der beim VLB und ande­ren gehei­men Schrif­ten: Es wird nur in den bekann­ten Kata­lo­gen nach­ge­schaut, da sind die Indies (und auch Klein­ver­la­ge) nicht drin, oft weil sie sich den Regu­la­ri­en der Bran­che eben­so wenig unter­wer­fen wol­len, wie deren wege­la­ge­ri­sche Löse­gel­der für eine Lis­tung in den Bran­chen­ka­ta­lo­gen. Jetzt könn­te man natür­lich sagen: selbst schuld! Wenn ihr dabei sein woll­te, dann zahlt

Das ist aber doch eine Den­ke aus dem letz­ten Jahrtausend!

War­um kann jeder den Namen eines Indie-Autoren in eine Such­ma­schi­ne der eige­nen Wahl ein­ge­ben, die dann die Autoren­web­sei­te aus­spuckt, der gemei­ne Buch­händ­ler aber nicht?War­um kann jeder den Namen eines Indie-Autoren in eine Such­ma­schi­ne der eige­nen Wahl ein­ge­ben, die dann die Autoren­web­sei­te aus­spuckt, der gemei­ne Buch­händ­ler aber nicht? Weil das außer­halb der bekann­ten Abwick­lungs-Work­flows ist? Das kann kei­ne Aus­re­de sein. Wich­tig soll­te es doch sein, den Kun­den, der genau die­ses Buch möch­te, zufrie­den­zu­stel­len. Denn eins ist klar: bekommt der Leser das Buch beim Buch­händ­ler nicht, bei Ama­zon kann er es garan­tiert kau­fen, inklu­si­ve kos­ten­lo­ser Zustel­lung am nächs­ten Tag und ohne läng­li­che Dis­kus­si­on, dass es das Buch angeb­lich gar nicht gibt.

Espresso Print On Demand-Maschine
Espres­so Print On Demand-Maschine

Der Buch­han­del muss sich von den Spinn­we­ben im Kopf lösen, muss die Mög­lich­kei­ten der moder­nen Kom­mu­ni­ka­ti­on und Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie end­lich nut­zen, wie das der größ­te Teil der Gesell­schaft heu­te tut, weil es eben so ver­dammt ein­fach ist. Muss vor­gest­ri­ge eli­tä­re Stan­des­dün­kel able­gen (wobei sie das mit dem Ver­ti­cken von Roman­ta­sy-Schmon­zet­ten oder 50 Schat­tie­run­gen von irgend­wel­chen Far­ben ohne­hin schon lan­ge getan haben). Was ist so schwer dar­an, auch die Bücher von Indie-Autoren zu ver­kau­fen, wenn die Kun­den sie haben wol­len? Klar, der Auf­wand ist etwas grö­ßer, als mal eben in den Stan­dard-Kata­log zu kli­cken und nichts wei­ter tun zu müs­sen, weil der Zwi­schen­händ­ler dafür sorgt, dass der Schin­ken mor­gen im Regal liegt. Viel­leicht muss man den Indie mal anru­fen, oder ihm eine  Email schrei­ben. Und der Ver­sand dau­ert sicher auch län­ger. Aber der Auf­wand lohnt sich doch, weil man damit Ama­zon Antei­le abneh­men könn­te und vor allem wie­der im Anse­hen der Kun­den und der Indie-Autoren deut­lich steigt.

Alle hät­ten gewon­nen, Autoren, Leser und Buch­händ­lerWenn einer der Zwi­schen­händ­ler schlau wäre, wür­de er einen ähn­lich attrak­ti­ven (in jeg­li­cher Hin­sicht, also auch gera­de in Sachen Rech­te­spar­sam­keit) Print On Demand-Ser­vice schaf­fen, wie CreateSpace/Amazon es ist, der es aber ermög­licht, die Bücher über den Buch­han­del bestel­len zu kön­nen. Alle hät­ten gewon­nen, Autoren, Leser und Buch­händ­ler, weil Ama­zon nicht mehr der ein­zi­ge brauch­ba­re Anbie­ter wäre.

Doch solan­ge die­se Bran­che tief im Ges­tern gefan­gen ist und lie­ber nach gesetz­li­chem Fest­klop­fen der fürs Inter­net­zeit­al­ter nicht mehr pas­sen­den fos­si­len Vor­ge­hens­wei­sen und Gege­ben­hei­ten ruft, wird dar­aus ver­mut­lich nichts werden.

Lie­be Buch­händ­ler: Pro­biert es doch ein­fach mal. Sucht im Inter­net nach dem Autoren, des­sen Print­buch der Kun­de haben möch­te, wenn ihr das in euren okkul­ten Kata­lo­gen nicht fin­det. Ruft ihn an, schickt ihr eine Email. Die sen­den euch das Buch bestimmt sehr gern und so schnell es geht. Auf Wunsch sogar mit Wid­mung, ver­sucht das mal bei einem Ver­lag oder Zwischenhändler.

Lie­be Indie-Autoren: Hal­tet die Kon­takt­in­for­ma­tio­nen auf euren Web­sei­ten aktu­ell und nach­voll­zieh­bar und ant­wor­tet schnell, wenn ein Buch­händ­ler anfragt.

Lie­be Leser: Fragt beim Buch­händ­ler eurer Wahl nach Büchern von Inde­pen­dent-Autoren (und Klein­ver­la­gen). Je mehr von euch das tun, des­to schnel­ler wird es sich in den Köp­fen fest­set­zen, dass man die ohne Stan­des­dün­kel anbie­ten muss.

Doch solan­ge der Buch­han­del die Indie-Autoren durch Igno­rie­ren noch viel schlim­mer benach­tei­ligt (und damit kom­men wir zum Titel die­ses Arti­kels), als Ama­zon das durch Lie­fer­ver­zö­ge­run­gen mit Ver­lags­gi­gan­ten tut, wird sich nichts ver­bes­sern. Denkt mal drü­ber nach.

p.s.: Ich hör schon die übli­chen »Argu­men­te«: »Aber … aber … das geht doch nicht … wir kön­nen doch nicht auf ein­mal alles anders … die Struk­tu­ren … der Zwi­schen­han­del … das haben wir noch nie so gemacht …«

Creative Commons License

Abbil­dun­gen:
»Sowje­ti­sches Buch«, aus Wiki­me­dia Com­mons, Urhe­ber Bun­des­ar­chiv, CC BY
Espres­so Print On Demand-Maschi­ne: Pixabay, CC 0
Kugel­schrei­ber: Pixabay, CC 0
Warning: Pixabay, CC 0

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

15 Kommentare for “Buchhandel und Selfpublishing: Wer benachteiligt hier eigentlich wen?”

Bandit

sagt:

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… und frü­her war sowie­so alles besser …
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Dan­ke, für die­se Aus­füh­run­gen, die den Nagel wie­der ein­mal genau auf dem Schä­del erwischt haben.

sagt:

Lei­der über­sieht der Kom­men­ta­tor sci­fi­watch­man in sei­ner Replik, dass ich bereits diver­se Arti­kel zu die­sem The­ma ver­fasst habe und beschäf­tigt sich nur mit die­sem. Ich bin kei­nes­wegs der Ansicht, die exis­tie­ren­den Struk­tu­ren müss­ten in der bestehen­den Form erhal­ten blei­ben, ganz im Gegen­teil. Ich bin aller­dings im Gegen­satz zum Kom­men­ta­tor Rea­list und weiß, dass die Bran­chen­struk­tu­ren sich nicht von heu­te auf mor­gen über den Hau­fen wer­fen las­sen. Ins­be­son­de­re des­we­gen nicht, weil die gesam­te Bran­che zutiefst kon­ser­va­tiv ist und des­we­gen erheb­li­che Behar­rungs­kräf­te herrschen.

Die Bran­chen­er­neue­rung wird aber ver­mut­lich von ganz allei­ne kom­men, soll­ten die Prot­ago­nis­ten so wei­ter machen wie bis­her, als gäbe es kei­nen Medi­en­wan­del und kein Inter­net. Und das wird dann kei­ne leich­te Cäsur.

Merk­wür­dig auch der Hin­weis dar­auf, dass ich am Ama­zon-Part­ner­pro­gramm teil­neh­me, als ob das etwas Ehren­rüh­ri­ges sei (zumal er selbst eben­falls Teil­neh­mer ist). Der Kom­men­ta­tor kann ja mal ver­su­chen, sich am Affi­lia­te­pro­gramm eines belie­bi­gen Buch­han­dels­prot­ago­nis­ten zu betei­li­gen, dann wird er schnell her­aus­fin­den, war­um ich das nicht tue. Auch dar­über habe ich übri­gens bereits einen Arti­kel verfasst.

sagt:

Hal­lo Stefan,

zunächst ein­mal vie­len Dank dafür, dass Du auf mei­nen Bei­trag hier in den Kom­men­ta­ren ein­ge­gan­gen bist.

Weil auch ich an Fak­ten inter­es­siert bin, sind hier mal zwei: Da auch ich der Mei­nung bin, dass sich der Buch­han­del nicht über Nacht revo­lu­tio­nie­ren lässt, wes­halb ich das auch in mei­nem Bei­trag nir­gend­wo so geschrie­ben habe, bin ich genau so ein Rea­list wie Du. Außer­dem neh­me ich an kei­nem Affi­lia­te-Pro­gramm teil. Ich wei­se in der Side­bar mei­nes Blogs als „Lese­tipp“ auf einen Roman hin, der mir sehr gut gefal­len hat. Der Autor hat als Self-Publis­her Ama­zon als allei­ni­gen Ver­triebs­weg gewählt. Gelangt jemand über mei­nen Blog auf die Pro­dukt­sei­te des Romans und kauft ihn dort, bekom­me ich dafür kei­nen Cent.

Unterm Strich war mir nach dem Lesen nicht voll­stän­dig ersicht­lich, was die Inten­ti­on Dei­nes Arti­kels war. Regt Dich das Gejam­me­re der Ver­la­ge und des Han­dels der­art auf, dass Du ein­fach mal Dampf ablas­sen muss­test? Dies könn­te ich sogar nach­voll­zie­hen, doch in mei­nen Augen lohnt es sich nicht, wegen der Unbe­weg­lich­keit ande­rer Leu­te Ener­gie und Zeit zu ver­schwen­den. Wenn Du möch­test, darfst Du das natür­lich tun, denn es ist allein Dei­ne Sache. Wenn es hin­ge­gen Dei­ne Absicht war, dem Han­del nicht nur die Levi­ten zu lesen, son­dern auch Wege auf­zu­zei­gen, wie es sich wan­deln und dadurch lang­fris­tig über­le­ben kann, dann ist das zwar ein lobens­wer­ter Ver­such, aber aus mei­ner Sicht ein ver­geb­li­cher. Das gedruck­te Buch wird auf abseh­ba­re Zeit ein Nischen­pro­dukt sein und die ört­li­che Buch­hand­lung eine Rand­er­schei­nung. Und zwar allein des­halb, weil der Kun­de es so will. Es ist näm­lich viel prak­ti­scher, hun­der­te Bücher auf dem E‑Book-Rea­der ver­füg­bar zu haben, als sich etli­che Regal­me­ter mit Tot­holz zu fül­len. Dar­um wird auch kein Wan­del und kein Umden­ken den Buch­han­del vor sei­nem Schick­sal bewah­ren. Du darfst das selbst­re­dend anders sehen. Dis­kus­sio­nen sind ja schließ­lich nur span­nend, wenn es unter­schied­li­che Ansich­ten gibt.

In die­sem Sinne,
Watchman

sagt:

Ich fin­de in Dei­nem Link zu Ama­zon einen Affi­lia­te-Para­me­ter fürs Part­ner­pro­gramm. Soll­test Du nicht dar­an teil­ha­ben, soll­test Du viel­leicht über den ver­wen­de­ten Link nach­den­ken (tag=derstekankunf-21).

Ich bin ja nun wirk­lich ein gro­ßer eBook-Fan, aber das Sze­na­rio, das Du hier ent­wirfst ent­behrt jeder Grund­la­ge. Es ist kei­nes­wegs so, dass das Print­buch ein Aus­lauf­mo­dell ist und es ist auch nicht so, dass es in abseh­ba­rer Zeit ein Nischen­pro­dukt sein wird. Nichts deu­tet dar­auf hin. Es wird eine Neben­ein­an­der von Print- und eBook geben, wer etwas ande­res behaup­tet, kann mir nicht erläu­tern, wie er dar­auf kommt. »Prak­tisch« hin oder her, es wird noch min­des­tens ein bis zwei Genera­tio­nen dau­ern, bis das Print­buch in Ver­ges­sen­heit ver­sinkt, wenn über­haupt. Wer der Ansicht ist, dass das in naher Zukunft pas­siert, der hat – mit Ver­laub – kein Ahnung.

Davon abge­se­hen glau­be ich auch, dass der Buch­han­del einem üblen Schick­sal ent­ge­gen geht. Aber nicht unbe­dingt auf­grund des eBooks. Und schon gar nicht, weil »der Kun­de« es »so will«. Das ist ein Tot­schlag­ar­gu­ment, weil es nicht wider­leg­bar ist, des­we­gen las­se ich es auch nicht gel­ten. Der Kun­de will:

- güns­ti­ge Preise
– schnel­le Lieferung
– guten Service

Wer das kann, ist sekun­där, es muss nur irgend jemand kön­nen. Im Moment kann es Ama­zon, in Zukunft kann das viel­leicht jemand ande­rer sein. Auch der Buch­han­del, wenn es end­lich einen Wan­del in der Wahr­neh­mung der Buch­händ­ler gibt. Mn muss nicht bes­ser als­Ama­zon sein, man muss anders als Ama­zon sein. Und dazu gehört auch, die indies nicht mehr zu ignorieren.

Wer bin ich, dem Han­del die Levi­ten zu lesen? Das greift auch zu kurz, denn »der Han­del« ist in der Buch­bran­che nicht das Pro­blem (na gut, ein wenig, weil sie so wei­ter machen wie immer). Das Pro­blem ist das gesam­te Kon­glo­me­rat aus Ver­la­gen, Zwi­schen­han­del und Buch­han­del. Der Buch­han­del ist dabei das schwächs­te Glied, das abseits der gro­ßen Ket­ten wenig bis kaum Ein­fluss hat. Theo­re­tisch über den Bör­sen­ver­ein, aber der ist ja auch ein zahn­lo­ses Mons­trum, das nur brüllt, aber nie beißt (und ansons­ten wie ein groß­äu­gi­ges Kind stau­nend vor dem gigan­ti­schen zir­kus »Inter­net« steht, und kei­ne Ahnung hat, was das ist).

Ich kann mei­ne Mei­nung zu die­sem The­men­kom­plex sagen. Sicher. Das tue ich hier auch, immer wie­der, in zahl­lo­sen Facet­ten. Such mal nach den Arti­keln und den Kom­men­ta­ren, in denen ich von Buch­händ­lern oder Autoren ange­gan­gen wur­de. Fakt ist aber: ich habe nichts gegen Buch­händ­ler. Die haben mich in den ers­ten 25 Jah­ren mei­ens Lebens ganz gut ver­sorgt (jetzt bin ich fast dop­pelt so alt). Wenn ich mei­nen Lese­stoff heu­te als eBook kau­fen und einem coo­len Buch­händ­ler gut­schrei­ben könn­te, wür­de ich das nut­zen, denn ver­öde­te Innen­städ­te nut­zen auch kei­nem (lei­der ken­ne ich kei­nen coo­len Buch­händ­ler – der letz­te war ein Comic­h­änd­ler). Lei­der sehe ich noch nicht mal den Ansatz eines Umden­kens in der Bran­che – und das wird ihr das Genick bre­chen, nicht Ama­zon, Apple oder Google.

»Ener­gie und Zeit ver­schwen­den«? Zeit in der man Spaß hat ist nie verschwendet. :)

Abschlie­ßend: es ging gar nicht um Print- oder eBook, das The­ma war ein ganz ande­res. Näm­lich dass die klas­si­sche Bran­che die Self­pu­blis­her zu igno­rie­ren und aus­zu­gren­zen ver­sucht, statt sie mit ins Boot zu neh­men. Und das ist a) das The­ma, und b) nichts ande­res als dumm.

sagt:

Ich wür­de ver­mu­ten, dass das Pro­blem weni­ger qua­li­ta­ti­ver als viel­mehr wirt­schaft­li­cher Natur ist und dass man zwei Fäl­le unter­schei­den muss: 

(1.) das Besor­gungs­ge­schäft, wenn ein Kun­de mit einem kon­kre­ten Titel­wunsch in die Buch­hand­lung kommt sowie
(2.) die Auf­nah­me eines SP-Titels ins eige­ne Sortiment. 

Um die Min­dest­hür­de = Bestell­bar­keit für das Besor­gungs­ge­schäft zu neh­men, muss der Titel zwangs­läu­fig eine ISBN besit­zen, beim VLB gemel­det sein sowie an die buch­händ­le­ri­sche Infra­struk­tur ange­schlos­sen sein. Ist dies der Fall, wür­de es mich sehr wun­dern, wenn nicht jeder Buch­händ­ler den gewünsch­ten Titel bestel­len wür­de (allei­ne schon aus Grün­den des Kundenservice). 

Den zwei­ten Fall = Auf­nah­me in eige­ne Sor­ti­ment dürf­te in der Regel aus rein wirt­schaft­li­chen Grün­den schei­tern, ins­be­son­de­re wenn bes­se­re Kon­di­tio­nen als von »eta­blier­te­ren« Ver­la­gen gefor­dert wer­den. Das ist für Ein­zel­ti­tel – Stich­wort: Trans­ak­ti­ons­kos­ten ** – schlicht nicht zu realisieren. 

Buch­hand­lun­gen nut­zen in der Regel so genann­ten Bün­de­lun­gen über Aus­lie­fe­run­gen oder Groß­händ­ler = 1 Bestel­lung, 1 Lie­fe­rung, 1 Lie­fer­schein, 1 Arbeits­vor­gang, 1 Abrech­nung. Und selbst in sol­chen effi­zi­en­s­op­ti­mier­ten Fäl­len rei­chen die Mar­gen kaum zum Leben, da sich ein Buch­händ­ler ja nicht nur selbst ver­sor­gen muss, son­dern zusätz­lich einen Laden und Mit­ar­bei­ter unter­hal­ten muss. 

Um wirk­lich etwas an der Situa­ti­on ändern, wäre es viel­leicht eine Über­le­gung, eine gemein­sa­me Ver­mark­tungs- und Ver­triebs­ge­mein­schaft zu grün­den? Damit wäre allen Sei­ten gehol­fen. PoD-Dienst­leis­ter hel­fen da nicht, das reicht allen­falls für die Bestellbarkeits-Hürde.

= = = = =
** zu den Trans­ak­ti­ons­kos­ten: Ver­ein­facht gesagt ist die Fra­ge, wie viel Zeit man für einen Titel inves­tie­ren muss und was die eige­ne Zeit im Ver­hält­nis zur Han­dels­mar­ge kos­tet. Ein Bei­spiel (ganz gleich ob Ver­lag oder Selfpubisher):
– Kom­mun­in­ka­ti­on mit dem Anbieter
– Infor­ma­ti­on über den Titel (Wasch­zet­tel / Leseprobe)
– Bezugs­weg recher­chie­ren + Titel bestellen
– Bestel­lung auspacken
– Lie­fer­schein che­cken und ablegen
– Titel ins Waren­wirt­schafts­sys­tem ein­pfle­gen (opti­mal: Barcode-Scan)
– Titel prä­sen­tie­ren oder ins Regal räumen
– Titel ver­kau­fen (1): Ver­kaufs- / Beratungsgespräch
– Titel ver­kau­fen (2): Bezahl­vor­gang abwickeln
– Titel mit Anbie­ter abrechnen
(Hor­ror = Ein­zel-Rech­nung + Einzel-Überweisung)
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Wer für alle mit dem Ver­kauf eines Buches anfal­len­den Vor­gän­ge unter dem Strich weni­ger als eine hal­be Stun­de braucht, ist ver­dammt schnell. Ich wür­de ver­mu­ten, dass deut­lich mehr Zeit auf­ge­wen­det wer­den muss, ins­be­son­de­re, da wir kei­ne geschlos­se­ne Pro­zess­ket­te haben, son­dern zwi­schen jedem Schritt not­ge­drun­gen eine zeit­li­che Pau­se liegt, was wie­der­um zu Rei­bungs­ver­lus­ten führt. 

Lie­ße man das Gan­ze einen Ange­stell­ten machen, der ledig­lich den Min­dest­lohn von EUR 8.– bekä­me (was auf Arbeit­ge­ber­sei­te etwas über EUR 10.– wäre), müss­te der Buch­änd­ler min­des­tens EUR 5.– Mar­ge haben, allein um die Kos­ten für den ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter zu decken, womit für das Laden­ge­schäft aber noch kei­ne Kos­ten­de­ckung erreicht wäre. 

D.h. unter dem Strich bedeu­tet jede Beschäf­ti­gung mit ein­zel­nen Titeln, egal ob von Ver­lags- oder Self­pu­blis­her­sei­te einen dicken Ver­lust, den sich kein Buch­händ­ler leis­ten kann, wenn er nicht in die Insol­venz schlit­tern will. 

Ren­ta­bel wird das Gan­ze nur, wenn man Ska­len­ef­fek­te (ins­be­son­de­re über Bün­de­lung und Best­sel­ler-Geschäft) nut­zen kann – da bil­den Buch­händ­ler im Wirt­schafts­le­ben lei­der kei­ne Ausnahme.

sagt:

Um die Min­dest­hürde = Be­stell­bar­keit für das Be­sor­gungs­ge­schäft zu neh­men, muss der Ti­tel zwangs­läu­fig eine ISBN be­sit­zen, beim VLB ge­mel­det sein so­wie an die buch­händ­le­ri­sche In­fra­struk­tur an­ge­schlos­sen sein.

Nein muss es nicht. Das hat sich in den Köp­fen der Buch­händ­ler fest­ge­setzt und genau das ist eins der Kern­pro­ble­me. Die Kos­ten für eine VLB-Lis­tung sind gro­tesk hoch und nicht zu begrün­den. Und wie mir ver­schie­de­ne Klein­ver­la­ge erklärt haben, kön­nen ihre Bücher trotz­dem nicht gefun­den wer­den. Die­se uralten Bran­chen­ri­tua­le müs­sen weg, oder zumin­dest dür­fen sie nicht mehr alter­na­tiv­los sein, sonst kauft der Kun­de anderswo.

ISBN und VLB sind Relik­te. Wer dar­auf beharrt, muss sich nicht wun­dern, wenn bei Ama­zon bestellt wird.

Was ist ren­ta­bler? Wenn der Kun­de bei einem selbst kauft und weil er zufrie­den ist dann wie­der­kommt, oder wenn man ihn an Ama­zon ver­liert? Mit »das geht nicht, das kön­nen wir nicht, das haben wir noch nie so gemacht« hat sich die Bran­che in die der­zei­ti­ge Situa­ti­on manö­vriert. Ein­fach so wei­ter zu machen wie bis­her löst die Pro­ble­me nicht. Die Mit­ar­bei­ter ste­hen eh im Laden rum und haben defi­ni­tiv nicht stän­dig zu tun, da kön­nen sie auch mal eine Bestel­lung abwi­ckeln, wie sie im gesam­ten rest­li­chen Ein­zel­han­del mög­lich ist.

sagt:

»Die Kos­ten für eine VLB-Lis­tung sind gro­tesk hoch« 

Das Argu­ment wür­de ich ver­ste­hen, wenn wir bei­spiels­wei­se in den USA leb­ten, wo eine ein­zel­ne ISBN sage und schrie­ben $ 125.– kos­tet. Da sind hier­zu­lan­de selbst die kom­bi­nier­ten Kos­ten von ISBN + VLB deut­lich günstiger. 

»ISBN und VLB sind Re­likte. Wer dar­auf be­harrt, muss sich nicht wun­dern, wenn bei Ama­zon be­stellt wird.« 

Auch das möch­te ich so nicht ste­hen las­sen – sicher­lich kann man über das VLB in sei­ner aktu­el­len Form strei­ten, da es in der Tat nicht mehr zeit­ge­mäß ist und dehalb auch gera­de eine Gene­ral­über­ho­lung erfährt. 

Die ISBN hin­ge­gen ist, wie der Name schon sagt, eine INTERNATIONALE Stan­dard Book Num­ber, d.h. der welt­wei­te Buch­han­del basiert auf die­sem gemein­sa­men Iden­ti­fi­zie­rungs­sys­tem. Ohne ISBN wür­de selbst bei Ama­zon nichts lau­fen (ich weiß, dass sie in ihrem Self­pu­bli­shing-Bere­reich Aus­nah­men machen, aber dafür gibt es die Titel dann auch nur bei Amazon). 

Jede Bracn­he benö­tigt ein Sys­tem zur ein­deu­ti­gen Iden­ti­fi­zie­rung von Waren – für die Buch­bran­che ist (und bleibt) das die ISBN. 

Und wer sei­ne Titel sau­ber ein­pflegt, der wird auch gefun­den, selbst als Kleinst­ver­lag. Wer die Ver­le­ge­rei aller­dings wirk­lich pro­fes­sio­nell btrei­ben möch­te, wird nicht umhin kom­men, sich auch eine pro­fes­sio­nel­le Aus­lie­fe­rung zu suchen sowie sei­ne Titel bei den Bar­sor­ti­men­ten = den Groß­händ­lern der Bracn­he lis­ten zu lassen. 

In der Regel auchen Buch­händ­ler näm­lich zuerst im Kata­log ihres Bar­sor­ti­ments und erst wenn der Titel dar­über nicht lie­fer­bar ist, wird er über die Aus­lie­fe­rung bestellt, was dann eben nicht einen Tag (wie über den Groß­händ­ler) dau­ert, son­dern 3–4 Tage. 

Wer aber nicht über den Groß­han­del gelis­tet ist und auch kei­ne ein­deu­tig iden­ti­fi­zier­ba­re Aus­lie­fe­rung hat, der wird in der Tat schlecht oder auch gar nicht gefunden.

sagt:

Ich gehe dar­auf jetzt nicht detail­liert ein, aber ich ant­wor­te: nein! Man muss sich den über­kom­me­nen Tra­di­tio­nen der Buch­bran­che auf gar kei­nen Fall unter­wer­fen. Die­ses Behar­ren auf alten Struk­tu­ren ist ein Teil des Pro­blems, Ama­zon hat die näm­lich bis auf die ISBN ein­fach ignoriert.

Und wer sei­ne Ti­tel sau­ber ein­pflegt, der wird auch ge­fun­den, selbst als Kleinstverlag.

Das ist falsch. ich ken­ne genug Klein­ver­le­ger, die mir was ande­res erzäh­len – und die sind garan­tiert nicht alle zu dumm. Die­se Fixie­rung auf den Groß­han­del, der zudem auch noch mas­sen­wei­se Bücher ein­fach aus dem Kata­log wirft (sie­he libri) ist eines der gro­ßen Pro­ble­me der Branche.

Den Sta­tus Quo zu erhal­ten wird dazu füh­ren, dass Ama­zon noch mehr Macht und Antei­le erlangt. Wer nicht sieht, dass das grund­le­gend über­ar­bei­tet gehört, der klam­mert sich an ein unter­ge­hen­des Schiff. Buch­händ­ler, sie nicht in der Lage sind, eine Such­ma­schi­ne zu bedie­nen, wer­den untergehen.

Ach ja:

Eine Ein­zel-ISBN kos­tet 90,98 € inklu­si­ve MwSt. und Ver­sand­kos­ten. Vor­aus­set­zung: Ihr Wohn­sitz bzw. Geschäfts­sitz befin­det sich in Deutschland.

Quel­le: http://www.german-isbn.org/isbn_start_text.html/10012/

Ver­sand­kos­ten??? Was für Ver­sand­kos­ten? Der oben genann­te Preis von 125 USD wären übri­gens der­zeit umge­rech­net 93.56 Euro … Was ist da »deut­lich günstiger«?

sagt:

»Buch­händ­ler, die nicht in der Lage sind, eine Such­ma­schine zu be­die­nen, wer­den untergehen.«

Da gebe ich Ihnen abso­lut Recht. Das Pro­blem ist aber nicht die Bedie­nung einer Such­ma­chi­ne, son­dern auto­ma­ti­sier­te Schnitt­stel­len und eta­blier­te Prozesse. 

Genau­so wie es Ama­zon sei­nen Kun­den ein­fach macht, mit einem Klick zu bestel­len, leis­ten das das VLB und die Groß­händ­ler für die Bran­che, d.h. eta­blier­te Bestell- und Abwick­lungs­pro­zes­se inklu­si­ve Logis­tik, Waren­wirt­schaft, Rech­nugs­le­gung und Buchhaltung. 

Jede Bran­che hat ihre eige­nen Sys­te­me und Gepflo­gen­hei­ten, die den Geschäfts­ver­kehr unter­ein­an­der ein­fa­cher, schnel­ler, effi­zi­en­ter und nicht zuletzt rechts­si­cher machen – weil man unter­ein­an­der Ver­trä­ge und Ver­ein­ba­run­gen hat, die jeder kennt und akzeptiert. 

Ohne ektro­ni­sche Kas­sen­sys­te­me mit ange­schlos­se­ner Waren­wirt­schaft sowie einen voll com­pu­ter­ge­stütz­ten Arbeits­ab­lauf (mit den ent­spre­chen­den Pro­gram­men, Schnitt­stel­len und Sys­te­men) wür­de heu­te kein Betrieb funk­tio­nie­ren, in kei­ner Bran­che. Und dafür braucht es ver­bind­li­che Stan­dards, nicht Google.

sagt:

Und da­für braucht es ver­bind­li­che Stan­dards, nicht Google.

Dann der Bran­che wei­ter­hin viel Erfolg mit den ver­bind­li­chen Stan­dards. Wohin das führt, sehe wir ja gera­de. Und ich ver­wei­se auf die Kom­men­ta­re wei­ter oben, in denen sich ein Buch­händ­ler mel­det und dar­auf hin­weist, dass es mit ein klein wenig Auf­wand auch ohne geht. Sol­che Buch­händ­ler haben eine Chance.
Der Rest sind pure Aus­re­den einer erstarr­ten Bran­che. Das mag so viel­leicht für eine Ket­te gel­ten, der sprich­wört­li­che »klei­ne Buch­händ­ler« soll­te die Fle­xi­bi­li­tät besit­zen (und hat sie offen­bar auch, sie­he oben), sei­nen Kun­den auch ohne »ver­bind­li­che Stan­dards« zu bedie­nen. Es ver­langt ja nie­mand, die »ver­bind­li­chen Stan­dards« auf­zu­ge­ben. Es muss aber zusätz­lich auch ohne gehen. Wenn man das nicht will, ist es das eige­ne Problem.

»Goog­le« ist übri­gens ein gutes Stich­wort. Die ver­kau­fen auch Bücher. Ohne »bran­chen­üb­li­che, ver­bind­li­che Standards«.

p.s.: bloss, gut, dass man auf dem Markt oder beim Bau­ern immer noch Äpfel ohne EAN-Num­mer kau­fen kann. Äpfel != Bir­nen? Mag sein …

Pierre Bachofner

sagt:

Bin erst heu­te auf die­se Bei­trä­ge gestos­sen (über einen Ver­weis im »Schwei­zer Buch­han­del« vom August). Bin über 70 und war mein hal­bes Leben im Buch­han­del tätig (Laden, Vertrieb/Vertretung, Ver­lag). Gewiss eine kon­ser­va­ti­ve Bran­che (wenn denn kon­ser­va­tiv nur was Nega­ti­ves wäre…). Hab am Schluss tage­wei­se in einer Klein­buch­hand­lung gear­bei­tet, die sich durch­aus auch um Tex­te bemüht, die aus­ser­halb des klas­si­schen Buch­sys­tems erschei­nen. Und ich hab bald über­for­dert auf­ge­ge­ben, weil mir die Buch­la­den­ar­beit (war vor­her Buch-Ver­tre­ter) viel zu auf­wen­dig und kom­pli­ziert war.
Wenn nun die­se Struk­tu­ren ver­schwin­den, wie kom­me ich dann an mich inter­es­sie­ren­de Tex­te (die auch in Stil und Spra­che geniess­bar sind)?
Verlage/Buchhandlungen sind/waren Fil­ter, deren Aus­wahl auf einem sehr wei­ten Begriff von interessant/lesenswert beruh­ten. Da ist bestimmt sehr vie­les nicht publi­ziert wor­den, was es viel­leicht doch wert gewe­sen wäre (und es geht vie­les durch den Fil­ter, das in mei­nen Augen nicht wert ist, auf Papier gedruckt oder im e‑book ver­öf­fent­licht zu wer­den). Wenn die­se Fil­ter ver­schwin­den (ich kenn vie­le der an die­sem Sys­tem betei­lig­ten Men­schen direkt oder indi­rekt und kann deren Urteil ein­ord­nen), wie fin­de ich mich in Wust der im Netz kur­sie­ren­den Tex­te zurecht? Da gibt’s dann ent­spre­chen­de Portale (?)
die die­se Fil­ter­funk­ti­on haben. Ist das so viel anders als vor­her? Und noch was: in den Ver­la­gen arbei(te)ten Lek­to­rIn­nen, die die Tex­te les­ba­rer gemacht haben (ich habe hun­der­te von unlek­to­rier­ten Tex­ten gelesen…).
Viel­leicht ist die­se Bemer­kung über­flüs­sig: Ein schön gemach­tes Buch ist was vom tolls­ten, das es gibt, ein Bild­schirm (als sol­cher) immer gleich langweilig.

sagt:

In mei­nen Augen ist Kon­ser­va­tiv durch­aus nichts Posi­ti­ves, ins­be­son­de­re dann, wenn es ver­bohr­tes Ver­har­ren bei Altem bedeutet.

Um an les­ba­re Tex­te zu kom­men, kann man pro­blem­los die gigan­ti­sche Res­sour­ce Inter­net ver­wen­den. Auch ohne Vorschlagssysteme.

Ver­la­ge sind Fil­ter, die vor allem das ver­kau­fen wol­len, was ihnen (ver­meint­lich) Geld ein­bringt. Und die dabei häu­fig falsch lie­gen. Um irgend­ei­ne Kul­tur geht es doch schon lan­ge nicht mehr. Im Web gibt es unge­fil­ter­te Mei­nun­gen zu fast allem, so dass man sich ein Bild machen kann, auch ohne irgend­wel­che »Por­ta­le«, mit denen ver­mut­lich Online­händ­ler gemeint sind – dann ist die Begriff­lich­keit falsch.

Das mit dem Bild­schirm und der Tot­holz-Feti­schis­mus wer­den sich inner­halb einer Genera­ti­on erle­digt haben. Ich per­sön­lich fin­de Bücher immer öfter anstren­gend, weil sie uner­go­no­misch und unbe­quem sind. Wich­tig ist der Text, der auch beim eBook anspre­chend auf­be­rei­tet wer­den kann. Außer­dem ist Bild­schirm nicht gleich Bild­schirm. Schon bei den ers­ten Genera­tio­nen eInk-Dis­plays war das Lese­er­leb­nis wie bei einem Buch, und die neu­en Gerä­te sind sogar noch deut­lich bes­ser. Ich habe bis­her jeden Seni­or, dem ich einen eRea­der demons­triert habe, inner­halb kür­zes­ter Zeit über­zeugt. Sogar sol­che, die nicht tech­ni­kaf­fin sind.

Zum Abschluss: Ich habe lan­ge im Ein­zel­han­del gear­bei­tet. Wenn da ein Kun­de etwas haben will, dann wird das bestellt, im Zwei­fels­fall auch direkt beim Her­stel­ler. Ist VÖLLIG nor­mal. Dass Buch­händ­ler der­art zicken und Bücher nicht beschaf­fen wol­len, weil der Auf­wand angeb­lich zu hoch ist, zeigt, in wel­cher abge­schlos­se­nen Traum­welt die leben. Wer so agiert muss sich nicht wun­dern, wenn die Kun­den abwan­dern. Und mein Mit­leid hält sich dann auch in Grenzen.

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