Auf DVD & BluRay: PREDESTINATION

Cover Predestination

PREDESTINATION – Seit 05. Febru­ar 2015 im Handel

Eines muss man den Brü­dern Micha­el und Peter Spie­rig las­sen, sie neh­men sich die Zeit, die ein Film tat­säch­lich ver­dient. Mit UNDEAD und DAYBREAKERS ist dies seit 2003 erst ihr drit­tes Werk, obwohl sie durch­aus das Zeug dazu hät­ten, im Pool der Gro­ßen zu schwim­men, und sich dort auch zu behaup­ten. Aber die Gebrü­der Spie­rig sind genau die Fil­me­ma­cher, die ein Gen­re-Publi­kum ein­fach braucht, um immer wie­der einen Blick über den Tel­ler­rand gegönnt zu bekom­men. Und das wird regel­mä­ßig beson­ders hei­kel, wenn es um Zeit­rei­sen geht. Zeit­rei­sen, das sind immer die­se Geschich­ten, wo sich ganz schlaue Köp­fe her­vor­tun, die exakt erklä­ren kön­nen, wo das Para­dox oder der Feh­ler, oder das Para­dox und gleich­zei­ti­ge Feh­ler lie­gen. Und jedes noch so gear­te­te Sze­na­rio einer Zeit­rei­se kann begrüßt oder in Grund und Boden gestampft wer­den. Die Begrün­dun­gen in den Aus­füh­run­gen sind dabei stets mit Logik erklärt. Was wie­der­um ande­re Fra­gen auf­wirft: Wie will jemand allen Erns­tes ein theo­re­ti­sches Phä­no­men mit Logik erklä­ren? Führt zu einer wei­te­ren Fra­ge: Sind Zeit­rei­sen wenigs­tens in der Theo­rie wis­sen­schaft­lich betrach­tet mög­lich? Und so kann die­se Dis­kus­si­on end­los geführt wer­den. Letzt­end­lich ent­schei­det das Publi­kum über jede Form von Para­do­xen in Zeit­rei­sen indi­vi­du­ell damit, ob die Erzäh­lung in sei­ner Insze­nie­rung eine Akzep­tanz zu ver­mit­teln versteht.

Die deutsch­stäm­mi­gen Brü­der haben lan­ge grü­beln müs­sen, ob sie Robert A. Hein­leins Kurz­ge­schich­te ALL YOU ZOMBIES aus dem Jah­re 1958 in Gestal­tung und Ton so bei­be­hal­ten könn­ten. Sie woll­ten. Und so kommt 1970 ein Mann in eine Bar. Sein Name ist John, und er will sich betrin­ken. Für sol­che Typen hat ein anstän­di­ger Bar­ten­der immer ein offe­nes Ohr, und im rich­ti­gen Moment immer die rich­ti­gen Fra­gen. Schließ­lich kommt es zur Wet­te um eine Fla­sche Whis­key, dass John die ver­rück­tes­te Geschich­te erzäh­len kön­ne, die der Bar­ten­der jemals gehört hat. Es ist die Geschich­te von Jane, die 1945 in einem Wai­sen­haus abge­legt wird. Janes Kind­heit ist schwie­rig, weil sie kei­nem Ärger aus dem Weg geht. Und Janes Jugend wird schwie­rig, weil sie mit ihrem Intel­lekt mehr für Ver­wir­rung sorgt. Für eine gehei­me Welt­raum-Orga­ni­sa­ti­on wäre sie die per­fek­te Kan­di­da­tin, schei­tert aber aus omi­nö­sen Grün­den. Da lernt sie den Mann ihrer Träu­me ken­nen und lie­ben, wird prompt allein gelas­sen, erwar­tet aber ein Kind von ihm. Als wäre das nicht genug, wird das Baby aus der Krip­pe entführt.

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Wer bei den Reiz­wor­ten »Zeit­rei­se« und »Zeit­rei­se-Cop« heiß gewor­den ist, wird von PREDESTINATION ganz sicher über­rascht. Und das wird in bei­de Rich­tun­gen los­ge­hen. Er ist nicht der Film, den man zu erwar­ten glaubt, son­dern weit kom­ple­xer und viel­schich­ti­ger. John hat eine spe­zi­el­le Bezie­hung zu Jane und wür­de den Mann, der sie erst schwän­ger­te und dann sit­zen ließ, was ihre gesam­te Exis­tenz auf den Kopf stell­te, sofort umbrin­gen. Der Bar­ten­der bie­tet John die Mög­lich­keit, jenen Mann zu töten, ohne jed­we­de Kon­se­quenz. Denn für den Bar­ten­der war John kein Über­ra­schungs­be­such, son­dern er hat als Zeit-Agent bereits auf ihn gewar­tet. Agent einer Orga­ni­sa­ti­on, die immer wie­der grö­ße­ren Scha­den von der Mensch­heit fern hält, sofern es nicht den Ver­lauf der Geschich­te beein­flusst. Der Bar­ten­der bringt John an den Punkt im Jahr 1963, wo Jane den Mann trifft, der ihr das Leben kaputt machen wird. Wäh­rend­des­sen muss sich der Bar­ten­der noch um einen Bom­ben­le­ger küm­mern, wel­cher ihm schon mehr­mals ent­wischt ist, aber 1975 bei einem Anschlag 11000 New Yor­ker töten wird.

In Anbe­tracht des­sen, dass die ver­schie­de­nen Epo­chen von 1945, 1963, 1970, 1975, und 1985 ver­gleichs­wei­se nahe zusam­men lie­gen, ist es dem Team um Mat­thew Put­land in Aus­stat­tung und Kos­tüm aus­ge­zeich­net gelun­gen, die Zei­ten sofort optisch klar zu dif­fe­ren­zie­ren. In die­ser Bezie­hung ent­täuscht viel­leicht etwas Ben Notts Bild­ge­stal­tung. Der Kame­ra­mann hat sau­ber jede Sze­ne nach ihren Ansprü­chen defi­niert und auf­ge­löst. So ist es nur der ein­sa­me Wunsch eines Film­freaks, hät­te Nott sich, wie das Pro­duk­ti­ons­de­sign, den ver­schie­de­nen Epo­chen mit vari­ie­ren­den Stil­mit­teln angenähert.
Bleibt die Regie der Spie­rig-Brü­der, die sich genau die rich­ti­ge Zeit nimmt, um eine Geschich­te zu erzäh­len, die sich nicht etwa dem The­ma, son­dern ihren Figu­ren ver­schrie­ben hat. Doch auch wenn sie ihr Publi­kum zu bin­den ver­ste­hen, etwas rat­los wird es den­noch blei­ben. Die Spie­rigs haben einen Anspruch, dem sie kon­se­quent fol­gen. Man könn­te ihnen unter­stel­len, sich selbst einen erhöh­ten intel­lek­tu­el­len Stand­punkt zuzu­schrei­ben, dem der Film letzt­end­lich nicht gerecht wird. Los­ge­löst von allen Prä­mis­sen, von jeder falsch gesetz­ten Erwar­tungs­hal­tung, ist PREDESTINATION ein sehr span­nen­der Film. Span­nend in dem Bezug, dass die Regis­seu­re genau ver­stan­den, wel­cher Sze­ne wel­che Gewich­tung bekom­men muss­te. Und wie sie im Ablauf rich­tig zu erzäh­len wäre.

Der Film bleibt trotz allem eine Her­aus­for­de­rung. Er will kein Publi­kum, wel­ches sich den Kern einer Geschich­te erzäh­len lässt, son­dern die Her­aus­for­de­rung annimmt und immer wie­der das Erleb­te reflek­tiert. PREDESTINATION ist ein Film, auf den man sich ein­las­sen muss. Und viel­leicht muss der ein oder ande­re sogar bereit sein, Kom­pro­mis­se ein­zu­ge­hen. Denn Zeit­rei­sen waren schon immer ein sehr heik­les The­ma, wel­ches sehr leicht zu pola­ri­sie­ren ver­steht. Auch wenn es für ver­nünf­ti­ge Argu­men­ta­tio­nen kei­ner­lei wis­sen­schaft­li­chen Grund­la­gen gibt. Nur theo­re­ti­sche Gebil­de. Und ein sol­ches ent­wirft PREDESTINATION. Mit einer pro­vo­kan­ten Kompromisslosigkeit.

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PREDESTINATION
Dar­stel­ler: Ethan Haw­ke, Sarah Snook, Noah Tay­lor u.a.
Dreh­buch & Regie: The Spie­rig Bro­thers (Micha­el & Peter)
Kame­ra: Ben Nott
Bild­schnitt: Matt Villa
Musik: Peter Spierig
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Mat­thew Putland
97 Minuten
Aus­tra­li­en 2014

Pro­mo­fo­tos Copy­right Tibe­ri­us Film

AutorIn: Bandit

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