Börsenverein und Verleger entsetzt: Urheberrecht gilt auch für sie

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Der Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels und zahl­lo­se sei­ner Mit­glie­der gerie­ren sich immer wie­der gern mal als die Hüter des Urhe­ber­rechts – auch wenn jeder Per­son mit einem IQ ober­halb der Raum­tem­pe­ra­tur klar sein soll­te, dass sie in Wirk­lich­keit die Ver­wer­terrech­te mei­nen und die Urhe­ber­rech­te für sie höchs­tens dritt­ran­gig sind.

Dass ich mit die­ser Annah­me ver­mut­lich rich­tig lie­ge, zeigt die Reak­ti­on auf eine Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes, das der Ver­lag Carl Han­ser bemü­hen woll­te, um die eige­nen Pfrün­de gegen­über den recht­mä­ßi­gen For­de­run­gen von Über­set­zern zu sichern. Bereits mehr­fach hat­te der Bun­des­ge­richts­hof bestä­tigt, dass Über­set­zer nach­träg­lich gericht­lich prü­fen las­sen kön­nen, ob ihre Ver­gü­tung ange­mes­sen ist, um gege­be­nen­falls Nach­for­de­run­gen zu stellen.

Han­ser gefiel es offen­bar nicht, dass man die Über­set­zer ange­mes­sen an Gewin­nen betei­li­gen muss. Ist ja auch eine Unver­schämt­heit, wol­len die ein­fach so Geld für ihre Arbeit. Wo kom­men wir denn da hin? Um nicht zah­len zu müs­sen, leg­te man, unter­stützt vom Bör­sen­ver­ein, zwei Ver­fas­sungs­be­schwer­den ein, zum einen gegen die Urtei­le des BGH, zum ande­ren gegen das Urhe­ber­rechts­ge­setz. Man muss sich das auf der Zun­ge zer­ge­hen las­sen: Ver­fas­sungs­be­schwer­den zum Zwe­cke der Gewinn­op­ti­mie­rung und um den Über­set­zern ihnen zuste­hen­de Zah­lun­gen vorzuenthalten.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat jetzt bei­de Beschwer­den zurück­ge­wie­sen – der Jus­ti­zi­ar des Bör­sen­ver­ein äußert sich »ent­täuscht«.

Urhe­ber­rechts­ge­set­ze gel­ten offen­bar im Selbst­ver­ständ­nis des Bör­sen­ver­eins wie­der ein­mal nur für »die ande­ren«, nicht für die­sen und sei­ne Mit­glie­der. Die mei­ner Ansicht nach mise­ra­bel ent­lohn­ten Über­set­zer dürf­te das Urteil freu­en. Mit Recht.

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Bild: eBook-Para­graph von mir, CC BY-NC-SA

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

4 Kommentare for “Börsenverein und Verleger entsetzt: Urheberrecht gilt auch für sie”

HP

sagt:

Die Kom­men­ta­re unter dem Arti­kel sind z.T. auch haar­sträu­bend. Was dabei ver­ges­sen wird, ist, WAS über­setzt wird. Wenn Ver­la­ge auf­hö­ren, sich für Lizenz von HIT A die unbe­kann­ten US-Autoren B, C, und D unter­ju­beln zu las­sen, kann das deut­schen Autoren nur recht sein. Dann wird viel­leicht end­lich mal wie­der mehr auf den deut­schen Auto­ren­markt geschaut, statt immer nur bil­lig zu importieren.

sagt:

Kor­rekt ist dar­an, dass sie nur die bil­li­gen impor­tie­ren. Es gibt in den USA bril­li­ant zu nen­nen­de Phan­tas­tik, die wir hier nie zu sehen bekom­men, weil die Tor­wäch­ter der Mei­nung sind, das liest hier kei­ne Sau, weil die Phan­tas­tik-Leser ja dum­me Hohl­köp­fe sind. Statt­des­sen wer­den fast aus­schließ­lich Epi­go­nen von Erfol­gen wie Pot­ter oder Twi­light impor­tiert und über­setzt. Und von Deut­schen Autoren erwar­tet, dass man auch so etwas schreibt. Ori­gi­nel­le ideen blei­ben außen vor.

Gut, wenn man in der Lage ist, eng­lisch­spra­chi­ge Ori­gi­na­le zu lesen. Das macht unab­hän­gig von den Verlags-Honks.

sagt:

Ich tei­le iGuG Dei­ne kri­ti­sche Skep­sis gegen­über den Tor­wäch­tern der Pro­gramm­ge­stal­tung, aber es ist nicht von der Hand zu wei­sen, dass auch Mar­ke­ting und das Publi­kum selbst ihren Teil an Dumm­heit und Unge­schick dazu bei­tra­gen, dass gute aus­län­di­sche Phan­tas­tik bei uns oft nicht funzt.

sagt:

Ich kann mich erin­nern, dass in den 70ern bis 90ern hau­fen­wei­se gutes Mate­ri­al auf den Markt gekom­men ist. Das hör­te plötz­lich auf, weil bei den Publi­kums­ver­la­gen auf ein­mal Gewinn­op­ti­mie­rung ein­ge­führt wur­de. Ist ver­mut­lich eher ein Teu­fels­kreis: man hat aus Gewinn­stre­ben das von Dir beschrie­be­ne Publi­kum her­an­ge­zo­gen. Erschwe­rend kommt hin­zu, dass vie­le Phan­tas­tik-Freun­de, die ich ken­ne, dazu über­ge­gan­gen sind, das Zeug gleich in Eng­lisch zu lesen. An die ver­kauft man hier­zu­lan­de natür­lich auch nichts mehr.

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